MIXed Thoughts

Gestern abend um 18:00 Uhr startete die Mix 07, Microsofts Webentwickler-Konferenz. Ich hab mir Keynote live gegeben. Warum ich erst jetzt darüber schreibe? Ich bin kein Entwickler, ja bringe nicht einmal ein simples „Hello World“ zusammen. Daher war es nicht ganz einfach, dem Ganzen zu folgen bzw. die Tragweite der einen oder anderen Ankündigung voll zu verstehen. Ich war verwirrt, hab nicht alles verstanden und musste erst eine Nacht drüber schlafen, um mir ein rundes Bild davon zu machen.

Eines gleich vorweg: Meine großen Erwartungen wurden vollends enttäuscht. Es gab zum Web-Office weiter nur äußerst vage Aussagen, eine mögliche Übernahme von Yahoo scheint weiter kein Thema zu sein und von der lange erwarteten Podcast-Unterstützung war keine Rede.

Ray Ozzie:
Seine erste große Keynote (Videostream hier) war für mich eine einzige Enttäuschung: Null Charisma, viel Gestotter, kryptische Aussagen und keine konkreten Antworten auf die Fragen von Michael Arrington von TechCrunch am Ende der Keynote. Wie er selbst sagte: Er wird nie ein Bill Gates sein. Wie recht er hat. War schon Gates kein enthusiastischer Speaker, so ist es Ozzie noch viel weniger. Aber mit ein wenig Training wird’s vielleicht doch etwas. Wenn nicht, verkommt die IT-Welt zur OneMan-Show von Steve Jobs.

cc 2007 | fimoculous

Silverlight:
Auch wenn niemand bei Microsoft das Wort „Flash-Killer“ in den Mund nimmt, ist Silverlight absolut gegen Adobes Flash positioniert. Ein Killer ist es aber noch nicht. Ozzie meinte ganz am Anfang selbst, dass es erst der erst Teil einer größeren Story sein würde.

Was ist Silverlight?

Vor zwei Wochen wurde das Sammelsurium verschiedener Web-Technologien vorgestellt, zuvor war es unter der kryptischen Bezeichnung „Windows Presentation Foundation/Everywhere“ (WPF/E) bekannt. Damit ist es möglich, alle grafischen und multimedialen Fähigkeiten von Windows in abgespeckter Form auf andere Plattformen (alle Webbrowser, Macs, Handys etc.) zu bringen. Vorteil: Man braucht – wie bei Adobe Flash – nur ein kleines Browser-Plugin, um Filme im Web zu sehen oder toll aussehende und umfangreiche Web-Applikationen nutzen zu können.

Was spricht für Silverlight?

  • Silverlight kommt um Jahre zu spät und Microsoft wird mit aller Gewalt versuchen, hier Terrain aufzuholen. Daher darf man günstige oder gar kostenlose Entwicklungsumgebungen sowie viel Trainings-Material erwarten.
  • Es ist in eine bessere Entwicklerumgebung (Visual Studio) für Programmierer eingebunden. Aber auch die Werkzeuge von Adobe ist nicht schlecht und ob auch Grafiker auf die Grafik-Tools umsteigen wollen, darf bezweifelt werden.
  • .net-Support. Während der Keynote hat man – meiner Meinung nach – zu wenig darauf hingewiesen, dass die Sprachunterstützung weit größer ist. Neben Visual Basic und C# kann man nun auch in Ruby oder Python coden. Bei Flash gibt’s nur Action- bzw. Javascript.
  • Software plus Service: Gestern wurde auch ein neues live.com-Werbserive präsentiert: Bei silverlight.live.com bekommt man vier GB Speicherplatz, um seine Mediafiles zu hosten. Das Limit beträgt zehn Minuten, was darauf schließen lässt, dass es später gegen Gebühr auch eine Pro-Version ohne Einschränkungen geben wird. Vorteil gegenüber YouTube & Co.: Man hat volle Kontrolle über seine Files und kann etwa auch ein eigenes Branding einsetzen.
  • Scheinbar sind Silverlight-Anwendungen extrem kompakt. In einer Demo zu einer Videoschnitt-Applikation meinte man, dass die komplette App mitsamt den Multimedia-Files nur 50k überträgt.

Gewichtige Argumente sprechen jedoch weiter für Flash:

  • Reiferes Produkt: Macromedia Shockwave, der erste Vorgänger von Flash kam 1995, also vor zwölf Jahren. Das macht die Technik nicht nur ausgereifter, sondern bringt auch die größere Entwicklergemeinde mit sich.
  • Adobe hat eindeutig in eine bessere Design-Umgebung. Die komplett neue CS3-Suite integriert alle Teile des Print-, Online- und Videoworkflows.
  • Beharrende Kräfte: Wer einmal eine Design-App wie Photoshop oder Illustrator genutzt hat, bleibt dabei. Komplett umlernen tut man einfach nicht gerne.
  • Das Flasch-Plugin hat eine enorme Installations-Basis: Es sol schon mehr als 500 Millionen Mal installiert worden sein.
  • Sicher kein Zufall: Vor zwei Wochen hat Adobe bekannt gegeben, dass man Flex – das Sammelsurium aller Technologien rund um Flash – unter die GPL stellen wird. Microsoft gab zwar gestern auch bekannt, einige Teile des .net-Frameworks als OpenSource freizugeben, doch gegen gehen Adobes Pläne viel weiter.

Genug der Theorie: Hier gibt’s Demos zu ein paar coolen Apps, die mit Silverlight umgesetzt wurden. So kann man sich eher ein Bild machen.

Fazit: Abgesehen, dass die Welt auf Silverlight bestimmt nicht gewartet, kommt es um Jahre zu spät. Aber immerhin: Mehr Auswahl ist immer gut. Es bleibt abzuwarten, wie gut das im Expression Studio im neuen Visual Studio (Codename Orcas, erscheint Ende 2007) implementiert ist und wie schnell die Plugins verteilt werden.

Wie gesagt: Ich bin kein Hardcore-Developer. Falls ich also etwas falsch verstanden habe, schreibt mir in die Kommentare.

Weitere Mix-Themen:
Das war vorerste einmal die Keynote. Es könnte bei der Mix weiter spannend bleiben. Im Laufe der Konferenz gibt’s eine Vorstellung des IIS7, Microsofts neuer Webserver. Ebenfalls interessant könnten die Sessions zu den Live.com-APIs werden. Alle Sessions werden übrigens auf Video aufgezeichnet und nach und nach ins Netz gestellt. Es gibt daher keine Notwendigkeit, selbst nach Las Vegas zu fahren …