Ganz Österreich bei OpenStreetMap

Ich hab’s ganz übersehen. Dann hat mir Günther Hölzl, ein Bekannter und OpenStreetMapper, ein Mail zu einem Futurezone-Posting geschickt: Bald ganz Österreich auf OpenStreetMap. Zu schön, um wahr zu sein? Nein, bald ist es soweit!

Warum soll das nun so schnell gehen? Der Compass-Verlag machte der OpenStreetMap (OSM, Wikipedia-Erklärung) ein Geschenk. Seine Karten (siehe auch www.plan.at) dürfen ins System übernommen werden und dienen somit als Rohmaterial fürs Bearbeiten. Das geht viel schneller, als ganz Österreich per GPS nachzuzeichnen. DANKE, Compass!!!!

Aber wie kommt ein Verlag dazu, so ein Geschenk zu machen? Laut BodenseePeter wolle man nicht länger die Last der Aktualisierung der Karten tragen. Man crowdsourced diese Aufgabe, wie es auf neudeutsch heißt.

Es ist nicht das erste Mal, dass OSM – aus ähnlichen Motiven – Kartenmaterial geschenkt bekommt:

  • Im Juli 2007 übertrug die Firma Automotive Navigation Data (AND) seinen ganzen Kartenbestand der Niederlande dem Projekt.
  • Ebenfalls 2007 bekam man die so genannten Tiger-Daten (Topological Integrated Geographic Encoding and Referencing) von der US-Regierung übertragen, die seither nach und nach OpenStreetMap integriert wurden.
  • [Update:] Im Dezember 2008 begann man mit der Integration von Luftbildern aus Oberbayern, der der Freistaat zur Verfügung gestellt hat. (via Andreas)

Bringen wird das vor allem im ländlichen Raum eine Menge. Hier etwa die Karte von Bad Kleinkirchheim auf Plan.at:

Beispiel: Bad Kleinkirchheim bei Compass

Und unten zum Vergleich die OSM von Bad Kleinkirchheim.

OSM - Bad Kleinkirchheim

Eines ist offensichtlich: Wenn man die Liebe zum Detail und die Genauigkeit der vielen Freiwilligen bei OSM mit den Straßen von Compass kombiniert, könnte Großartiges rauskommen!

Keine einfache Datenübernahme

Ganz einfach wird die Übernahme der Compass-Daten allerdings nicht. Größtenteils sind sie schon im System, Kärnten etwa ist laut dem Hölzl schon voll übernommen. Bis die Diskrepanzen und Ungenauigkeiten aber korrigiert sind, wird es noch einige Zeit dauern.

Der nachfolgende Screenshot vom Klagenfurter Lendkanal macht es deutlich: Alle Straßen sind derzeit doppelt erfasst. Jetzt wird sich an vielen Stellen zeigen, wer bisher genauer gearbeitet hat – die Streetmapper oder kommerzielle Verlage. Aber Nachzeichnen und Kontrollieren dürfte immer noch weniger Arbeit bedeuten, als alles von Grund auf neu zu machen.

Klick zum Vergrößern, Screenshot von Günther Hölzl

Bessere Karten als je zuvor

Erst vor einer Woche wurde bekannt, dass Wien mit seinen 7000 Straßen bereits in OSM vollständig erfasst ist.

Wien bei OpenStreetmap

Für die OpenStreetmapper in Wien beginnt nun ein neues Kapitel: Sie werden wohl noch eine Reihe von Inhalten hinzufügen und so die Karte noch „reicher“ machen. Postkästen, Bankomaten, Pubs, Restaurants, Hotels, Kindergärten und viele weitere Ortsinformationen werden dafür sorgen, dass OSM nicht nur zum Herausforderer für Navteq (gehört zu Nokia), Teleatlas & Co. wird.

Wieder einmal dreht das Internet ein altes Geschäftsmodell auf den Kopf. Wer künftig Karten jeder Art herstellen will, wird sich mit OSM auseinander setzen müssen. Wer dazu besser in der Lage ist und das Material cleverer nützt, macht künftig das Geschäft.

Dazu sind dann Web-Startups wie Toursprung, irgendwann auch Internet-Firmen wie Google oder Yahoo und nicht zuletzt vielleicht auch der Compass-Verlag eher in der Lage als der Verlag Ed. Hoelzl Wien (wer erinnert sich noch an die Schulatlanten?), Freytag & Berndt oder und andere.

maps

Geschäftsmodelle und die Wertschöpfung verändern sich: Es geht weg vom Content, hin zur innovativeren und besseren Aufbereitung desselben. Ich bin gespannt, ob da von den Alteingesessenen wer mitkommt.

Was mich in diesem Zusammenhang ärgert?

Wir Steuerzahler finanzieren GIS-Abteilungen in allen Bundesländern und Städten. Die haben exakte und detailreiche Karten – wahre Schätze, die man OSM schenken müsste. Aber nein: Die sitzen auf ihren Karten und geben rein gar nichts davon her. Ganz wenige Ausnahmen bestätigen die Regel. Nutzen werden sie OSM früher oder später aber sehrwohl!

Kärnten Atlas

Warum verschenken Politiker ständig nur Steuergeld zum Wählerfang und warum spendieren sie nicht endlich einmal etwas Sinnvolles der Allgemeinheit? Bezahlt wurde es ja schließlich von uns allen.

Gibt es dafür eine Begründung? Müssten nicht alle GIS-Abteilungen mit ihren Karten rausrücken bzw. diese unter eine offene Lizenz stellen? Was meint ihr?

13 Kommentare
  1. Sebastian
    Sebastian sagte:

    Die Begründung ist, dass die GIS-Abteilungen des Landes für die sehr detaillierten Karten und Daten viel Geld verlangen, die Karten dadurch eben nicht ganz Steuerfinanziert sind, sondern nur zum Teil.

    Es wäre in dem Zusammenhang interessant zu wissen, wie viel des Budgets von Steuergeldern kommt.

  2. Bodenseepeter
    Bodenseepeter sagte:

    Georg, du machst mal wieder vor, wie man eine Meldung zu einen guten Artikel ausbaut. Das ist die Grenze zwischen Bloggen und Journalismus, oder? Klasse jedenfalls, weiter so!

  3. Temlad
    Temlad sagte:

    Also kurz auf plan.at nachgesehen und innerhalb von einer Minute zwei völlig falsch geschriebene Straßennamen und einen 2004 errichteten Kreisverkehr nicht als solchen verzeichnet gefunden. Ob das nicht ein Danäer-Geschenk ist? Naja, besser als nix. Wünsche dem Projekt Gutes Gelingen.

  4. gast
    gast sagte:

    das problem mit den daten vom compass verlag ist, dass sie ungenau und überaltet sind.

    auch haben komlett gerade strassen kurfen und schlenker drin

    gps ist nun mal genauer als die compass daten

    auch das einspielen hat nicht richtig funtioniert, siehe klagenfurt kreuzbergelgegend. dort sind die kompass strassen circa 50 meter verschoben. auch gibt es strassen und wege die seit 1980 nicht mehr existieren.

    die ursprünglichen compass daten dürften aufgrund mancher strassenbezeichnungen aus der zeit des anschlusses stammen, kleinere wege wurden nie umbenannt.

    weiters ist mir die rolle von Wolfgang Wasserburger nicht ganz klar. im orf artikel heißts er ist osm-ler.

    auf http://www.compass.at/text/filial.txt
    ist er geschäftsführer bei compass

    mehr zum kartenimport und der problematik gibts auf

    http://wiki.openstreetmap.org/wiki/WikiProject_Austria/Import_plan.at

    besser wäre es gewesen die compass daten als hintergrund bild in potlach zu hinterlegen und eine extra datenbank für die strassennamen und weitere daten anzulegen, zum nachschauen

  5. Andreas Weinberger
    Andreas Weinberger sagte:

    Servus Georg, den Datenbestand der nationalen Vermessungsinstitute zum Allgemeingut zu machen halte ich schon lange für richtig – in Bayern wurde zu diesem Thema übrigens der erste Schritt schon getan!

  6. Andreas Rodler
    Andreas Rodler sagte:

    Ich hab in den letzten 2 Wochen einges in meiner Umgebung gezeichnet. Jetzt wurden die plan.at Daten für meinen Bezirk Importiert (Weiz)

    Nachteil für mich: Doppelte Straßen löschen, bisschen mehraufwand
    Vorteil: Ich hab endlich straßennamen, gerade in meinem ländlichen Bereicht ist es nicht leicht an Straßennamen zu kommen, denn außer der Gemeinde verwendet die kein Mensch

    Von daher PRO plan.at, auch wenn die Straßen schlampig und ungenau sind, die Namen sind brauchbar!

  7. Stefan
    Stefan sagte:

    Finde ich gut das plan.at ihre Daten hergeben, aber heisst dass jetzt für mich dass ich die Strassen hier nicht mehr tracken brauche sondern nur darauf warte bis diese eingezeichnet wurden und wenn es nötig ist diese zu berichtigen?

    Soweit ich sehe ist die Hälfte meiner Arbeit ausgetauscht worden, daher stellt sich für mich die Frage ob ich da überhaupt so weitermachen soll.

  8. Markus
    Markus sagte:

    Inhalte, die von öffentlichen Einrichtungen produziert werden und prinzipiell für die allgemeine Öffentlichkeit bestimmt sind, sollten an sich Public Domain sein. Bei Gesetzestexten z.B. ist das ja der Fall. Natürlich wird es dann kompliziert, wenn die Erstellung zum Teil privat finanziert wurde.

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