UK: Öffentliche Ausgaben einsehbar

Dies ist ein Cross-Posting von Kärnten 2020, meinem Blog über OpenGovernment und Politik in Kärnten. Ich bitte um Verständnis, falls Sie dies nun zweimal lesen. Aber ich finde es enorm wichtig, dass davon so viele Leute wie möglich erfahren. Danke!

Wie viele Red Bull ein britischer Abgeordneter trinkt, wie viele für eine Klimaanlage in einem Büro ausgegeben wurde oder was die Reparatur der Kronjuwelen kostet – jede einzelne Ausgabe der öffentlichen Hand ist seit heute im Vereinigten Königreich öffentlich.

Die Regierung in London stellt heute ihre Spending Database online. 120 Gigabyte schwer ist die Datenbank und ob ihres enormen Umfangs wohl auch schwer alleine zu sichten. Die britische Regierung rechnet damit, dass durch die Veröffentlichung zusätzliche Werte von sechs Milliarden Pfund (7,21 Milliarden Euro) entstehen.

Es werden neue Webdienste geschaffen, neue Analysewerkzeuge für enorme Datenberge müssen entwickelt werden und beide Leistungen können später in die restliche Welt exportiert werden. Warum? Weil die Briten durch die frühe Einführung von OpenGovernment und OpenData einen unglaublichen Wettbewerbsvorteil haben.

Spesenbelege

Nun ist digital möglich, was in Großbritannien im Vorjahr nur nach langwieriger Digitalisierung durch den Guardian möglich war. Lange machte die Zeitung Druck, die Belege zu bekommen – um es ihr möglichst schwer zu machen, bekam sie kopierte Belege. Der Informationsfreiheit in Großbritannien wurde damit Genüge getan.

Die Zeitung erstellte eine Datenbank mit dem treffenden Namen Investigate Your MP’s Expenses. 458.832 eingespannte Dokumente gab es darin. 26.739 Bürger schauten bislang 221.142 durch. 237.690 Spesenbelege sind noch abzuarbeiten.

Die Sache führte zu mehreren Rücktritten, etwa weil mehrfach private Ausgaben über Steuerkassen abgerechnet wurden. Dabei zogen MPs auch dann die Konsequenzen, wenn es sich um ganz kleine Beträge – im Bereich von ein paar Pfund – handelte.

In Österreich undenkbar

Solch Hochachtung vor dem Steuerzahler würde man sich in Österreich auch wünschen. Von einer Umsetzung wage ich dennoch nicht einmal zu träumen. Zu verschlossen ist die Politik in der Alpenrepublik.

Ich höre unsere Politiker schon von einer „Hetzjagd gegen sie“ zu schreien.

Aber der Druck wird steigen. Wann? Wenn mehr und mehr davon bescheid wissen.  Daher: Erzählt allen Österreichern, die ihr kennt von dem britischen Schritt. Je mehr von den Schritten in Großbritannien Bescheid wissen, umso größer der Druck auf unsere Politik – oder die EU, so etwas europaweit einzuführen.

Call for Action: drüber bloggen, twittern, Artikel auf Facebook teilen!
Allen Freunden davon erzählen!

[UPDATE] Die Datenbank ist vor wenigen Minuten – um 13:06 MEZ – live gegangen. Dazu der Guardian auf seinem Live-Blog:

After years of campaigning and Freedom of Information requests, the government has finally released the Coins (Combined Online Information System) data to the public.

Großbritanniens Chief Secretary to the Treasury, Danny Alexander, dazu:

For too long the previous Government acted as if the public had no right to know where their hard earned taxes were spent. Today we have lifted that veil of secrecy by releasing detailed spending figures dating back to 2008 … We will not stop here – we plan to release more data in the coming months that will be easier for the general public to understand.

Für mich ist das der größte Tag in der Geschichte der Demokratie. Warum? Weil selbst im antiken Griechenland niemand genau wissen konnte, was mit Steuergeld genau passierte. Heute haben wir die Technologie dazu und heute gibt es das Web, das – früher oder später – für ultimative Transparenz sorgen wird.

Um welche Daten geht es? Neun Jahre – fünf Jahre in die Vergangenheit zurück, das aktuelle Jahr live und vier Jahre in die Zukunft als Budget-/Planzahlen.
Ich muss zugeben, ich habe die Daten noch nicht gesehen, aber ich werde mir in den nächsten Tagen einmal Teile davon ansehen.

2 Kommentare
  1. Robert Lender
    Robert Lender sagte:

    Was interessant wäre ist, woher diese Zahl von 6 Mia Pfund kommt. Könnte man die gut argumentieren, wäre das für manche sicherlich ein Grund darüber nachzudenken.

    Ich hoffe, dass nicht gleich zu Anfangs die „Red Bull“ Meldungen im Vordergrund stehen.
    Wichtig für ein Voranschreiten des Themas wären auch die positiven Meldungen, wie man dadurch neue Synergien gefunden hat. Sprich Einsparungspotenziale, die man ohne diese Verknüpfungen von Daten gar nicht gefunden hätte.

  2. Dominik
    Dominik sagte:

    Finde ich sehr spannend.
    Das ist wirklich ein großer Schritt.

    Diesen Schritt wünsche ich mir auch
    in der österreichischen Verwaltung.

    Allein was das für die unzähligen SP-betriebenen Firmen
    in der Bundeshauptstadt bedeuten würde..?!!

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