Beiträge

Technik-Vorhersagen für ZwanzigZwölf

(c) Kirsty Pargete/iStockPhoto.com

Das neue Jahr steht vor der Türe und das ist auch für mich wieder Zeit für eine äußerst fundierte Analyse der Zukunft einen gewagten Blick in die Kristallkugel.

Ich möchte mich mit dieser Vorschau wie jedes Jahr bei allen Leserinnen und Lesern für die Treue bedanken.

ZwanzigZwölf soll ein großartiges Jahr für euch werden!
Alles Gute, viel Liebe, Leidenschaft, Gesundheit und Spaß mit dem, was ihr macht!

Aber nun zum Thema: Was wird sich 2012 in der Technik und im Web tun? Was werden die wichtigsten Trends und prägnantesten Produkte sein? Was wird kommen und was (sicher) nicht? Wer sind die Gewinner und Verlierer 2012?

1. Internet by Google

Die wohl gewagteste Vorhersage: Google wird zum globalen Internet-Provider (ISP). Der Internetkonzern nahm bereits mehrere Anläufe, um zu einem Wireless ISP zu werden. Allerdings wird das 2012 nicht über herkömmliche Leitungen oder eigene Frequenzen geschehen: Mit Hilfe von Millionen Google Nutzern könnte ein weltumspannendes Wlan entstehen, das eine kritische Größe hat, um in manchen Gegenden sogar den Mobilfunkanbietern das Leben schwer zu machen.

Google verkauft dazu (über Drittanbieter) ganz günstige Router, die sich ins DSL oder Kabel einklinken. Wer so einen Google-Accesspoint betreibt, darf das (Fast-)Überall-Internet von allen Nutzern konsumieren. Klingt wie Fon? Stimmt, aber Google hätte die Größe, die Fon fehlt, um Roamingkosten den Garaus zu machen. Der Google-Account würde so an der Simkarte nagen.

Darüber hinaus bietet der Google-Router einige Zusatznutzen, die sonst kaum ein anderes Gerät aufweist oder die höchstens Nerds vorbehalten sind. Auch Dienste wie Google Voice, Google TV, CloudPrint oder das ominöse GDrive (Festplatte am Google-Router) könnten davon profitieren. Und wenn Wlans über ganze Städte gespannt sind, wären noch weitere (anzeigenbasierte) Geschäftsmodelle möglich.

Das Knowhow hätte man im Haus, denn Motorola Mobilty baut neben Smartphones und Tablets auch Kabel- und DSL-Modems sowie Router. Auch könnte Google, Fon in einem Handstreich übernehmen. Einziger Haken an der Vorhersage: So reizvoll so ein Riesennetz auch ist, so gering sehe ich die Chance, dass sich Google mit Internet- und Mobilfunkanbietern anlegt.

Weitere Google-Vorhersagen:

  • Google Voice sollte endlich in Europa aufschlagen.
  • Ein iPad-Killer, der keiner sein wird: Durch die wohl bald abgeschlossene Übernahme von Motorola Mobility könnte Google nicht nur bessere Karten im Patent-Wahnsinn haben, sondern (hoffentlich) auch Android-Hardware vorantreiben. Eric Schmidt deutete erst unlängst ein eigenes Tablet (Nexus Tab?) von „höchster Qualität“ an. An die Verkaufszahlen von Apples iPad werden Android Tablets aber auch 2012 bei weitem nicht herankommen.
  • Weil Google auch das Fernsehgeschäft forcieren will, halte ich ein eigenes Nexus TV für sehr wahrscheinlich, da Motorola Mobility auch Settop-Boxen baut. Auch die Übernahme von SageTV im Vorjahr deutet darauf hin.
  • Googles ChromeBooks dürften dagegen ebenso wie CloudPrint auch 2012 niemanden wirklich vom Hocker hauen. Der heißeste Tipp für den nächsten eingestellten DienstGoogle FriendConnect.
  • Google+ wird zwar auch 2012 nicht zum echten Facebook-Killer, aber Google wird es nicht wagen, das Scheitern einzugestehen. Zudem dürfte der Dienst eine Größe haben, die in vielen Bereichen seinen Zweck erfüllt: Signallieferant für den Suchalgorithmus. Gut möglich ist auch, dass Orkut früher oder später eingestellt und nach Google+ migriert wird.
  • Android: Hier sieht die Welt für den Internetkonzern am rosigsten aus. Eben erst wurde die Marke von 700.000 aktivierten Geräten pro Tag geknackt. Über das Weihnachtswochenende waren es 3,7 Millionen. Mitte 2012 könnten es täglich schon eine Million sein. Nachdem man Android 4.0 als absolut gelungen bezeichnen kann, muss es nur noch in die Masse getragen werden.
    Apropos Updates: Um die auf 2011er-I/O angekündigte Update-Allianz ist es sehr leise geworden. Das Problem mit verspäteten oder gar nicht erscheinenden Aktualisierungen wird Google nur selbst in den Griff bekommen müssen. Auf die OEMs ist hier kein Verlass.

2. Kein Apple TV-Fernseher

Fünf Sätze in Walter Isaacsons Biografie von Steve Jobs versetzten Apple-Fans in den größten Hype seit der Spekulation rund um das iPad:

‚I’d like to create an integrated television set that is completely easy to use,‘ he told me. ‚It would be seamlessly synced with all of your devices and with iCloud.‘ No longer would users have to fiddle with complex remotes for DVD players and cable channels. ‚It will have the simplest user interface you could imagine. I finally cracked it.‘

Seitdem wird wild drauflos geraten. Digitimes, dessen Geschäftsmodell das Verbreiten von Gerüchten zu sein scheint, will sogar schon die korrekten Größen – 32 und 37 Zoll – wissen. Und alle Medien rund um den Erdball schreiben brav ab.

Apple TV, Konzept von Guilherme Schasiepen @_guims

Bedient soll das übrigens mit dem digitalen Assistenten Siri werden. Dabei wird übersehen, dass Jobs mit der Entwicklung von Siri recht wenig zu tun hatte, wie ein weiteres Zitat aus der Biografie belegt.

Jobs grabbed the phone in the middle of the demo and proceeded to see if he could confuse it. ‚What’s the weather like in Palo Alto?‘ he asked. The app answered. After a few more questions, Jobs challenged it: ‚Are you a man or a woman?‘ Amazingly, the app answered in its robotic voice, ‚They did not assign me a gender.‘ For a moment the mood lightened.

Wie konnte Jobs also das Bedienungsproblem mit Fernsehern mit Hilfe von Siri geknackt haben, ohne zu wissen, wozu es genau in der Lage wäre? Gegen eigene Apple-Fernseher sprechen noch weitere Faktoren:

  • Ein TV-Gerät kauft man nicht wie ein Smartphone oder Tablet alle paar Jahre neu. Eine Hundert-Euro-Box dagegen wird schneller ersetzt.
  • Geld wird eher mit Diensten und Content-Angeboten verdient als mit Hardware. Das Gesetz unendlich kopierbarer Bits gilt auch für Apple.
  • Kaum jemand wird einen Fernseher kaufen, der nur in einem Ecosystem unterwegs ist und der Piratenfilme aus dem Netz nur nach einem umständlichen Hack abspielt.

Viel wahrscheinlicher ist daher, dass Apple TV weiterhin eine Box bleibt. Aus der Hobby-Abteilung von Apple kommt dafür mit Sicherheit die eine oder andere Innovation. So wäre es vorstellbar, dass irgendein „magischer Trick“ mit dem HDMI-Kabel das Teamwork mit dem Fernseher verbessert und eine Fernbedienung entfallen könnte. Auch eine Integration mit Siri ist durchaus vorstellbar. Und iOS-Apps am Fernseher sind längst überfällig, mit Spielen könnte man am Erfolg von Xbox und Playstation nagen.

Weitere Apple-Vorhersagen:

  • Das iPad 3 könnte gerüchteweise nicht wie üblich Ende Jänner, sondern erst am 24. Februar vorgestellt werden. An Neuerungen dürfte vor allem das Retina-Display (2048×1536 Pixel bei zehn Zoll) hervorstechen. Es gibt auch Quellen, die von mehreren Formfaktoren ausgehen: Die Rede ist dabei von fünf über sieben bis zehn Zoll Bildschirmdiagonale. Meine Vorhersage: Eine Größe, gleich viel Speicher (16/32/64 GB) wie bisher und 100 Euro billiger.
  • Beim iPhone 5 sollte sich deutlich mehr tun, als beim Schritt vom iPhone 4 zum 4S – alle zwei Jahre gibt es ein immer ein gröberes Update. Während die Größe gleich bleibt oder höchstens minimal zunimmt, sollte das Design die größte Neuheit darstellen. Was neue Funktionen angeht, dürften das Machbare bei Mobiltelefonen ohnehin ausgereizt sein. Daher wird’s höchstens hier ein wenig schneller, da ein wenig raffinierter.
  • iPhone nano: Die gewaltigen Verkaufszahlen von Android dürften Apple sauer aufstoßen. Eine Verbreiterung der Angebotspalette würde all jenen ansprechen, die gerne ein iPhone hätten, aber nicht willens sind, über 600 Euro dafür auszugeben. Und das sind viele!
    Wie bei dieser Designstudie aus dem Jahr 2009, könnte man zudem bei einem günstigeren Modell mehrere Farbvarianten anbieten – etwas, das auch schon beim iPod gut funktionierte.
  • Bei iOS6 sollte Apple endlich ein Remake der mitgelieferten Apps (Maps, Notizen etc.) angehen. Auch Widgets wie bei Android oder Icons mit Funktion (wie die Live-Tiles bei Windows Phone) wären denkbar.
  • iTunes Store: Apple kam zuletzt beim Content stark unter Druck. Flatrates wie jene von Spotify oder Netflix wird es daher 2012 auch bei Apple geben.
  • Ein MacBook Air mit 15 Zoll wird eine Angebotslücke schließen und wohl viele begeistern.

3. Schicksalsjahr für Microsoft

Auch wenn Steve Ballmer im Herbst beim Aktionärstreffen mit 92 Prozent das Vertrauen ausgesprochen wurde, brennt der Hut. Das Wachstum der Microsoft-Aktie ist seit langem nicht existent, im Fünfjahresvergleich gar negativ. In dem Wertpapier steckt gleich viel Fantasie wie in einer europäischen Schuhfabrik.

Auch wenn die Umsatzzahlen je nach Sparte solide bis exzellent sind, als Anleger würde man sich weit mehr wünschen als nur Geduld. So ist es absehbar, dass das Vertrauen schon bald deutlich unter den Marktanteil von Windows absackt. Steve Ballmer könnte nun wirklich bald Geschichte sein.

Für mehr Wachstum brauchen die Redmonder dringend eine komplett neue Unternehmenskultur. Es gibt mit Sicherheit mehr Innovationen, als wir sie zu sehen bekommen – nur muss man diese auch zulassen und nicht durch jede Menge Produktmanager und Marketinggremien schon im Keim ersticken. Zudem kommt der Wettbewerbsdruck zwischen den Sparten, der oft Innovation verhindert, um bestehende Produkte zu schützen. Um das (und noch viel mehr) zu verändern, braucht es eine neue Führungsriege.

2012 wird für Microsoft in vielerlei Hinsicht ein Schicksalsjahr sein:

  • Mit Windows 8 und Office 15 stehen zwei – für Microsoft lebenswichtige – Produkte vor neuen Versionen. Ob die revolutionären Bedienungskonzepte (Metro-Design mit den Metro-Style-Apps) ankommen oder nicht, ist völlig offen. Eine Revolte der Nutzer ist ebenso wenig auszuschließen wie ein gigantischer Wurf.
  • Eine brandneue Ausgabe der Spielkonsole Xbox 360 (Vorstellung vermutlich bei der E3 im Juni, erhältlich nicht vor 2013) könnte Einfluss auf das – ohnehin nicht grandiose – Standing im Consumer-Bereich beeinflussen. Hier muss sich auch zeigen, ob es Microsoft mit dem Tempo und der Schlagkraft von Apple und Google im Kampf ums Wohnzimmer aufnehmen kann. Noch fehlen die TV-Geräte, denen Microsoft gerne einen Kinnect Sensor verpassen würde.
  • Windows Phone 7 ist grundsätzlich nicht schlecht, sein Verkaufserfolg allerdings eher bescheiden – oder wie Ballmer es bezeichnete: „Wir sind von sehr klein zu sehr klein gewachsen.“ Zwar soll es schon mehr als 50.000 Apps geben, in vielen Nischen herrscht aber gähnende Leere. So wird jeder immer irgendetwas vermissen, das es anderswo (bei Apple und Google) gibt. Ein wirkliches Kaufargument für Windows Phones schaut trotz guter Hardware von Nokia & Co. anders aus.
  • An der Entwicklung bei Skype, Windows Live (oder wie die Onlinedienste jetzt heißen) und Bing könnte sich entscheiden, ob es eine Zukunft im Web gibt. Und zu guter Letzt gibt es große Ungewissheit über die Zukunft beim größten Online-Partner Yahoo. Fällt er – etwa durch einen chinesischen Käufer – in fremde Hände, wären das Suchmaschinen-Geschäft Microsofts endgültig marginalisiert.

Eine lange Debatte über die Führungsqualität an der Spitze könnte den Konzern in dieser wichtigen Zeit gleich lähmen wie seinerzeit das Kartellverfahren. Gut möglich auch, dass man Ballmer noch Zeit gibt. Aber er hat ein Ablaufdatum.

4. Facebook sucht sich zum Börsen-Crash

Im Frühjahr könnte Facebook – das bereits mit bis zu 100 Milliarden Dollar bewertet ist, an die Börse gehen. Doch selbst die Aussicht auf eine Milliarde Nutzer im kommenden Jahr spiegelt einen so hohen Wert nicht wieder. Der Börsengang könnte wie jener von Zynga, Groupon oder LinkedIn hinter den hochgeschraubten Erwartungen zurückbleiben.

Offen ist, ob damit eine neue Tech-Blase platzt und die Branche wie kurz nach dem Millennium erneut um Jahre zurückgeworfen wird.

Bis zum Börsegang sollte es aber noch eine gravierende Neuerung geben: eine völlig überarbeitete Suche. Diese verdiente derzeit ihren Namen kaum, findet man damit praktisch nur Personen, Seiten und Gruppen. Künftig sollte sie deutlich besser werden. Beiträge und Statusmeldungen von Freunden sollte man damit leichter aufspüren können.

Gut möglich, dass auch alle Websites per Crawler durchsucht werden, die Social Plugins eingebaut haben. Ich sehe schon Seminare von Social Media Experten: „Wie schreibt man FB-SEO-freundliche Beiträge?“

Außerdem wird Facebook weitere Geodienste bringen, die insbesonders für Unternehmen interessant sein könnten. Im Herbst übernahm man dazu das Team von Gowalla.

Weitere Social Network-Vorhersagen:

  • StudiVZ stirbt … das ist nur noch eine Frage der Mathematik.
  • Soziale Netzwerke werden auch abseits von Computer und Smartphone eine Rolle spielen. Sie erobern beispielsweise immer mehr den Fernseher. So könnte man 2012 am Satellitenreceiver jene Sendungen aufnehmen, die auch ausgewählte Freunde programmiert haben. Von Freunden geteilte Videoclips werden (wie jetzt schon bei Boxee) übersichtlich auf der Mattscheibe präsentiert.

5. OpenStreetMap schafft Jobs

Google Maps ist mit Abstand die Nummer eins unter den Kartendiensten im Web und die Taktik des Internetkonzerns ging eindeutig auf: Erst macht man ein gutes Angebot und macht es kostenlos für alle nutzbar. Hat man eine beinahe Monopolsituation geschaffen, kassiert man ab. 2012 ist es soweit: Die Nutzung von Google Maps wird für Entwickler größerer Webangebote kostenpflichtig.

Angebote wie willhaben.at mit seinen über 320 Millionen PageImpressions werden dies am ärgsten spüren – es sei denn, sie bauen um. Ein Nutznießer könnte das freie Kartenprojekt OpenStreetMap (OSM) sein.

Das Kartenmaterial von OSM ist nicht nur kostenlos verfügbar, sondern in wichtigen Ballungszentren von weit höherer Qualität als jenes von Google. In Berlin etwa ist jeder Alleebaum kartiert.

Der verstärkte Einsatz von OSM-Daten werden der Community (die Karten werden nach dem Wikipedia-Prinzip erstellt) enormen Auftrieb geben. Weil es aber einen gewissen Aufwand bedeutet, solche Karten selbst zu hosten und Schnittstellen dafür anzubieten, könnte dies nicht zuletzt auch neue Jobs und Geschäftsmodelle in Europa (und nicht nur in den USA) schaffen. Es braucht Leute, die mit dem enormen Datensatz umgehen und ihn entsprechend rendern können.

Weitere Web-Vorhersagen:

  • Keyboard-Surfen: Immer mehr Websites integrieren Tastatureingaben. Wie bei Google Reader wird man per Tastendruck artikelweise vor- und zurückspringen können.
  • Speicherplatz im Web wird knapper. Zwar wird der durch die Überflutungen in Thailand hervorgerufene Engpass an Festplatten nicht direkt spürbar – doch der eine oder andere Webdienst wird zum Launch das Angebot kleiner dimensionieren als geplant. Sind die Kapazitäten wieder hochgefahren und die letzten Angebotslücken bedient, könnte der Speicherpreis auch durch immer günstigere SolidStateDrives (SSD) ins Bodenlose fallen. Die Folge wäre, dass es bei einzelnen Anbietern „Flatrates“ für Online-Speicher geben könnte.
  • Das mobile Web gewinnt im Mainstream an Fahrt: Wer eine Website hat, sollte diese auch Handy-tauglich machen. Bei einigen Content Management-Systemen reicht dazu ein einfaches Plugin und auch Web-Agenturen dürfen sich immer öfter über ein Zubrot freuen.
  • Die Nutzung von Twitter wird 2012 nicht zuletzt aufgrund des Konkurrenzkampfs zwischen Google+ und Facebook über immer neue Features signifikant (um 15 bis 20 Prozent) zurückgehen.
  • Browserkrieg: Microsoft wird zwar mit dem Internet Explorer 10 einen ganz passablen Browser herausbringen, dennoch werden sich selbst Mainstream-Nutzer in Scharen abwenden. Der Gewinner heißt Chrome. Ende des Jahres sollte der Chrome in einigen Ländern bereits zur Nummer eins avanciert sein.
  • WebFonts werden 2012 von fast allen Websites (kleine Blogger wie große Medien) eingesetzt, die neu gestaltet werden.

6. Ads mindern Inhalt und Einnahmen

Eigentlich schaut es für die Medienwelt im Web rosig aus. Anzeigenetats werden schon seit einiger Zeit massenweise von Print ins Web verschoben. Dort ist Werbung nicht nur messbar, sondern derzeit auch vergleichsweise billig zu bekommen. Doch das ist nur die eine Seite der Medaille.

Weil es viele Werbetreibende schlichtweg übertreiben, plärrt und poppt es überall im Web. Das nervt die Nutzer und degradiert den Inhalt selbst renommierter Onlineangebote. Konzentriertes Lesen wird neben solchen Werbebannern zunehmend unmöglich.

Wer so wirbt, riskiert, seine Botschaft irgendwann gar nicht mehr an die Frau oder den Mann bringen zu können. Selbst nicht technik-affine Nutzer installieren immer häufiger AdBlocker. Sollte dies einigen zu umständlich sein, werden Plugins und Dienste wie Evernote Clearly, der Reader-Modus in iOS/Safari oder Instapaper verhindern, dass Werbung durchkommt. Solche Browserfeatures werden Dank der tscheppernden und erschreckenden Flash-Anzeigen eher mehr als weniger!

Die Folge: So manche Werbung sorgt dafür, dass es gibt immer weniger lebensfähige Portale gibt.

Doch es gibt auch einen Lichtblick und man muss wirklich hoffen, dass dieser die Diskussion um übertriebene Werbung anfeuert: Ein Anbieter, AdBlock Plus, will standardmäßig „akzeptable Anzeigen“ durchlassen. Somit sollte der Druck auf die Werbetreibenden steigen, nicht mehr zu aufdringliche Display-Ads zu schalten.

Weitere Medien-Vorhersagen:

  • derstandard.at: Relaunch & Web only ab 2013
    Dass Zeitungen es in Zukunft nicht leicht haben werden, liegt auf der Hand. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die erste Tageszeitung in Österreich online-only gehen wird. Der heißeste Kandidat dafür ist derStandard. Im Vergleich zur Printausgabe ist derStandard.at in Österreich eine echte Größe und innovativ genug, um dieses Kunststück zu schaffen.
    Zuvor braucht es aber noch einen Relaunch – die letzte große Renovierung ist schon eine ganze Weile her. Gut möglich, dass sich die Wiener ein kleines Stück von einem guten Vorbild aus den USA abschauen …

  • E-Reader gewinnen 2012 enorm an Bedeutung – nicht nur, weil Verlage mehr Bücher dafür anbieten, sondern weil immer mehr Inhalte abseits von Literatur dafür erstellt und angeboten werden. Auf einem E-Reader lesen sich auch lange Artikel aus dem Web viel einfacher.
  • 3D am Fernseher juckt noch weniger Käufer als 2011, weshalb selbst Elektromärkte nur noch untergeordnet mit dieser Funktion werben werden.
  • Die US-Online-Videothek Netflix sollte an den Handy- und Kabelbetreiber Verizon verkauft werden, was ein Ende für eine mögliche globale Expansion bedeutet. Apple und Amazon kommen aber mit Flatrate-Angeboten für das Streaming auch nach Europa.

7. Polit-GAU in Österreich: das Mega-Leak

Das Kollektiv der Internet-Aktivisten von Anonymous Austria deckte heuer gleich eine ganze Reihe von Datenleaks auf: Persönliche Daten Hunderttausender Versicherten der Tiroler GKK wie von GIS-Zahlern tauchten ebenso im Netz auf Adressen von Polizisten.

Dass die Korruption in Österreich fröhliche Urstände feiert, wird sich nicht so schnell ändern. Aber: 2012 wird es ein größeres Datenleck geben und es wird die Politik mehr in Rage bringen als alles andere zuvor. Es könnte Korruption aufdecken, geheime (!) Förderungen öffentlich machen oder Spendenlisten an Parteien betreffen.

Weitere Politik-Vorhersagen:

  • OpenData: Die jüngst angekündigte Richtlinie der EU für mehr Transparenz der Staaten gegenüber ihren Bürgern wird in Österreich 2012 so lange wie möglich ausgesessen. Um möglichst lange und möglichst wenig preisgeben zu müssen, könnte die Bundesregierung sogar ein Vertragsverletzungsverfahren riskieren.
  • Sowohl SOPA (Stop Online Privacy Act) als auch PIPA (Protect IP Act) werden in den USA Gesetz. Bisherigen Beispielen folgend, werden beide umstrittenen Materien zur Vermeidung von Online-Piraterie wohl auch in den Rechtsbestand der EU übernommen.
  • Die Vorratsdatenspeicherung kommt. Auch wenn massiv Widerstand geäußert wird, wird der Gesetzgeber mit der Eisenbahn drüber fahren. Schließlich kann jeder Bürger ein Terrorist sein …
  • Crowdsourcing von Journalismus und die Organisation von Demonstrationen über das Internet wird Wladimir Putin das Leben auch nach der Präsidentenwahl im März schwer machen.

8. Luftbrücke für Kameras

Es ist schlichtweg unverständlich, dass es im Jahre 2011 noch immer keine Spiegelreflex-Kamera mit eingebautem Wlan und GPS gibt. Dabei nagen Smartphones ob ihrer passablen Bildqualität und ständiger Internetverbindung schon länger an den Umsätzen der Kamerahersteller. Noch unverständlicher ist, dass selbst es im unteren Preissegment kaum Angebote in diese Richtung gibt.

Zwar fressen beide Bausteine am Akku, doch dies lässt sich mit Schaltern effektiv kontrollieren.

2012 wird sich das ändern. Canon fehlt noch im Reigen der Hersteller von Systemkameras und könnte als erster diese Lücke schließen. So hätte das Konzept auch bei uns mehr Freunde:

  1. Man schießt ein Foto.
  2. Während dem Durchschauen der Schnappschüsse kann man einzelne Bilder zu einer App am Smartphone übertragen.
  3. Dort wird es mit ein paar Fingergesten bearbeitet.
  4. Vom Smartphone aus kann man es auf Facebook, Flickr & Co. teilen.

Klingt so simpel und 2012 wird es kommen. Wenn nicht, darf man offen an der Innovationsbereitschaft der Branche zweifeln und auf ein Ende der System-/Kompaktkameras wetten.

Weitere mögliche Innovationen:

  • BitCoin-Nachfolger: Die Idee von virtuellem Geld außerhalb der Kontrolle von (Noten-)Banken ist äußerst reizvoll, hat aber auch deutliche Schwächen. Gerade bei BitCoins hat sich gezeigt, dass es nicht funktioniert, wenn nichts nachvollziehbar ist. Einbrüche in BitCoin-Banken, enorme Deflation und dunkle Kanäle sind wahre Killer für solche Konzepte. 2012 sollte es ein neues, noch besseres Modell geben.
  • Heimautomation: Die Steuerung von Heizungen lässt sich noch enorm optimieren und zu gröberen Einsparungen beim CO2-Ausstoß führen. Thermostate wie jene von Nest werden 2012 breit adaptiert. Ausgeklügelte Systeme zur Heimsteuerung werden beim Hausbau einen Boom erleben.
  • Akku-Innovation: 2012 wird es eine Erfindung geben, mit der Smartphones und Notebooks mehrere Tage ohne Steckdose überleben können. Zu irgendetwas müssen die Milliarden ja gut sein, die gerade in die Autobatterie-Forschung gebuttert werden.

9. Verlierer des Jahres: Research in Motion

Dass man Waterloo mit vernichtenden Niederlagen gleichsetzt, ist kein gutes Omen für Research in Motion (RIM) – der Blackberry-Hersteller hat seinen Firmensitz im kanadischen Waterloo. Nicht erst 2011 ging es rasant bergab. Stark geschrumpfte Absatzzahlen, peinliche Netzausfälle, verfehlte Produktpolitik (welcher Business-Typ spricht auf ein Playbook an?) und nicht zuletzt Skandale um randalierende und betrunkene Manager setzten dem ehemaligen Business-Liebling arg zu.

Mit Nokia, Microsoft und Amazon prüften gleich drei Schwergewichte den Kauf des einstigen Smartphone-Primus. Alle winkten ab, niemand will RIM … Dass CEO Jim Balsillie und sein Kompagnon Mike Lazaridis gerade einmal einen Dollar im Jahr verdienen beweist eines: You get what you pay.

2012 wird die Talfahrt weiter fortsetzen. Am Ende könnten ein dubioser Investor (Nähe zu einem Staat) oder arabische Scheichs zuschlagen und dadurch auch die letzten verbliebenen Kunden vertreiben.

Weitere Verlierer des Jahres:

  • Aktionäre und Staaten: Die Krise geht wohl nicht so schnell vorrüber.
  • Mobilfunker: EU-Kommissarin Neelie Kroess wird noch im ersten Halbjahr 2012 die Mobilfunkbetreiber per EU-Richtlinie zu maßvollen Roaming-Tarifen verdonnern.

10. Georg 2012

Auch Ende 2012 werde ich noch mit einem iPhone telefonieren, weil keiner der vielen Androiden mich restlos begeistert. Dann werde ich womöglich nicht mehr in Klagenfurt leben und woanders neue Herausforderungen angehen. Und ich werde den Großteil meines Einkommens nicht mehr mit Papier-Produkten (Zeitungen, Zeitschriften, Bücher etc.) bestreiten. Who knows …

Was sind eure Vorhersagen? Wo stimmt ihr mit mir (nicht) überein?

Und: Wenn dir gefällt, was du hier list … teile es 🙂 Danke!

Wenn das Navi mit dem Auto spricht [Update]

Das nennt man einen leisen Produktlaunch! Da kommt ein Mordsteil daher und nicht einmal der Hersteller selbst kommuniziert das – keine Presseaussendungen, keine Werbung, kein gar nichts. Über Amazon wurde ich auf ein extrem cooles Teil von Garmin aufmerksam: ecoRoute HD.

Diesen kleinen Stecker schließt man an die Service-Schnittstelle seines Autos an. Über Bluetooth überträgt er eine Vielzahl von Telemetriedaten an neuere nüvi-Modelle. Bislang war die Kombination aus Fahrzeugdaten, Navi und Display eine Domäne neuer und teurer Autos. Mit dem ecoRoute HD können auch ältere Autos für überschaubare 99 Euro um einen Bordcomputer „aufgerüstet“ werden.

Welche Daten schickt das ecoRoute HD?

ecoRoute HD liest mehr als 4000 Fahrzeugdaten aus. Einige Beispiel für den Nutzen.

  • Spritverbrauch: Wer weiß, wie viel sein Auto in welcher Situation „frisst“, kann seinen Fahrgewohnheiten verbessern.
    Dazu gibt es eine Umrechnung, wie viel Kilogramm CO2 man gerade verbraucht hat. Und noch wichtiger: Wie teuer war die Fahrt eigentlich?
  • In Echtzeit werden weitere wichtige Daten wie Kühltemperatur, Motordrehzahl, Luftdruck, CO2-Bilanz oder Batteriestand übertragen.
  • Bei Tunning-Fans sicher beliebt: Die Stellung der Drosselklappen oder der Ladedruck vom Turbo.
  • Anders als die Bordsymbole im Auto gibt es Beschreibungen zu Fehlercodes. Durch eine genauere Vorab-Analyse könnten Abschlepp- oder Werkstattkosten gesenkt werden.

Wie das alles in der Praxis aussieht, muss ich mir erst anschauen, ein Testgerät sollte demnächst am Weg zu mir sein. Besonders interessiert mich, ob man die Daten auch aufzeichnen und später am PC auswerten kann.

Welche Autos funktionieren mit dem ecoRoute HD?

Die Daten bekommt das ecoRoute von der „OBD II“-Schnittstelle (On Board Diagnosis). Sie sollte bei fast allen Autos ab Baujahr 1995 eingebaut sein und befindet sich meistens unter dem Lenkrad in der Fahrgastzelle. Weil so ein herunterhängendes Teil stören kann, sollte man es mit Tape fixieren. Kabelbinder, Klebeband und Installationsanleitung werden mitgeliefert.

Es gibt einzelne Modelle, bei denen es nicht geht – in den Amazon-Reviews ist etwa von Problemen bei Renault die Rede.

Bei den Navis selbst sollen folgende Geräte kompatibel sein:

In jedem Fall braucht das nüvi jedoch ein Software-Update. Doch das ist keine Tragödie:

  1. Web-Updater für Windows oder Mac herunterladen
  2. nüvi anstecken.
  3. Update klicken. Fertig.

[Update] Auch Griffin baut so etwas

In der Nacht auf heute stellte Griffin auch so etwas vor. Das CarTrip wird ebenfalls an die ODB-II-Schnittstelle angeschlossen, scheint aber nicht in Echtzeit Daten zu übertragen. Der Preis ist mit 89,99 Dollar in etwa auf der Höhe vom ecoRoute von Garmin.

CarTrip zeichnet Daten außerdem auch auf eine SD-Karte auf. Auf den Markt soll es im Q1 2011 kommen.

Garmin Tracker GTU10

Und weil ich gerade mit Garmin Österreich telefoniert habe: Es gibt noch etwas Neues, die Tracker Unit GTU 10 – so neu, dass es nicht einmal bei Amazon gelistet ist 🙂

Was macht die GTU10?

Eigentlich ist es ein recht dummes Gerät (klein, leicht und wasserdicht), denn es erfüllt nur eine simple Aufgabe: Es überträgt die GPS-Daten über das Handydatennetz an einen Server. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Damit lassen sich aber doch ein paar spannende Anwendungen verwirklichen.

  • Garmin spricht vom „Kinder-Tracker“. Das wollen wir einmal unkommentiert lassen. Wenn der Hund jedoch öfters strawanzen geht, kann das schon hilfreicher sein.
  • Sportler könnten so ganz einfach ihren Fans die aktuelle Position zukommen lassen. Wie wäre es, wenn der Fanclub beim Ironman immer genau wissen würde, wo der Held gerade ist?
  • Ein ans Gepäck angebrachte GTU kann bei der Nachverfolgung von verlorenen Gepäcksstücken hilfreich sein. Gleiches gilt natürlich auch für Autos in Riesen-Garagen oder wertvollen Gegenständen, die man „im Auge behalten“ will.
  • Neue Geschäftsmodelle: „Pay as you go“ könnte tatsächlich umgesetzt werden. Blödes Beispiel: Wieso sollte ein Bootsverleiher nicht Mietpreise nach tatsächlich gefahrener Strecke verlangen?

Die Position wird über Web und Apps für mobile Geräte abfragbar sein. Eine Android-App soll schon verfügbar sein, iOS wird wohl folgen.

Großer Nachteil und für mich daher ein No-Go: Das Tracking geht über Garmin-Server und ist kostenpflichtig. Ein Jahr ist inklusive, danach werden pro Jahr 49,99 Dollar fällig. Schade, dass die Amerikaner nicht auf Standard-APIs setzen. Aber vielleicht gibt es ja einen Weg drum herum.

Update: Und billig ist’s mit 199 Dollar auch nicht wirklicht …

Hands On: Nokias iPhone-Konkurrent

Am letzten Freitag durfte ich ein wenig spielen. Das Spielzeug war ein Nokia 5800 Xpress Music (Codename: Tube). Das erste Touchstreen-Handy der Finnen ist wohl auch eine Antwort auf das iPhone. Die Frage daher: Was kann es und wie gut schlägt es sich gegen das Apple-Smartphone?

5800

Der Presseausendung entnahm ich vorab die Ausstattung. Ein solchermaßen komplett ausgestattetes Handy hat man zu einem solchen Preis (334 Euro ohne Providerbindung und mit USt.) noch nie bekommen. Es wird fast alles haben, was man heute in ein Handy einbauen kann: Media- und Organizer-Funktionen, GPS, 3,2 Megapixel-Cam, FM-Radio, UMTS und WiFi. Eine Acht-GB-Speicherkarte ist im Lieferumfang und kann gegen eine 16-GB micro-SD-Card getauscht werden.

Die Abmessungen:
Mit 51,7 mm ist es etwas schmäler als das iPhone, aber bei 15,5 mm deutlich dicker. Es ist knapp rund 4 mm weniger hoch.

Display:
Bedient wird es mit den Fingern oder einem Stift. Wem das nicht reicht, der nutzt das mitgelieferte Blacktron (ein kleines Plastikdreck, das man von Gitarren kennt). Wie viele neuen Handys hat es einen Bewegungssensor eingebaut, das Betriebssystem reagiert etwa, wenn man das 5800 dreht.

Das geht gleich flüssig wie beim iPhone und funktioniert an praktisch jeder Stelle des Betriebssystems. In jeder Anwendung kann man so auch ein komfortables Soft-Keyboard nutzen. Es ist groß genug, sodass man sich nicht gleich vertippt, lässt allerdings während der Texteingabe wenig Platz am Bildschirm übrig.

Copy & Paste ist – wie bei allen anderen Symbian-Handys – ebenfalls mit dabei. Allerdings crashte es dabei ständig. Weil es sich dabei um ein Vorserienmodell handelte, war das nicht weiter schlimm.

Der Bildschirm mit einer Diagonale von 8,1 cm (iPhone: 8,9 cm) ist übrigens mit einer Auflösung von 640 x 360 im 16:9-Format super-knackig. Videos (MPEG4, WMV9, 3GP, CIF und ich glaube auch h.264) sehen darauf sensationell gut aus.

Zoomen kann man mit den Softkeys am rechten Bildschirmrand. Das Vergrößern eines Textes geschieht gleich wie bei anderen touch-Handys durch doppeltes Tapsen auf den entsprechenden Text, der dann wirklich gut lesbar ist. Nachteil: der Plastik-Bildschirm. Das harte Glas des iPhones ist einfach ungeschlagen, dessen Display reagiert einfach viel schneller und fühlt sich besser an. Das zieht sich durch die ganze Software, wenngleich man mit finalen Bewertungen (Vorserie) noch warten muss.

Praktisch ist die Shortkey rechts oben am Display: Drückt man diesen Button, geht eine konfigurierbare Liste mit Anwendungen auf.

Ebenfalls mit dabei: Ein RSS-Reader, Nokia Maps und ein paar Spiele. Und wer’s braucht: MMS-Mitteilungen. Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, ob es auch mit Exchange-Servern syncen kann. Seit kurzem ist dieses Feature nicht nur bei der E-, sondern auch bei der N-Serie mit dabei.

Der Browser ist – meiner Meinung nach – das Sorgenkind von S60-Handys. Doch auch hier gibt es Besserung, wenngleich keine dramatische. Das Gute vorweg: Webseiten werden endlich als Ganzes dargestellt. Er rendert langsamer als der Safari am iPhone, dafür unterstützt er von Haus aus Flash.

Audio und USB:
Zur Hardware gehört noch ein Lautsprecher, der wirklich seinesgleichen sucht. So laut und wohlklingend (ist relativ auf einem Handy) habe ich noch kein Mobiltelefon empfunden.
Apropos Audio: Das 5800 hat auch eine 3,5mm-Standard-Kopfhörerbuchse. Warum das nicht jedes Handy hat …

Und weil wir gerade bei Standards sind. Wie alle neuen Nokias hat auch dieses Gerät einen Standard-Datenanschluss: Micro-USB. Den Anschluss Steckplatz für den Power-Adapter habe ich lange gesucht und nicht gefunden – den gibt es nicht mehr. Die beste Nachricht von allen: Künftig werden alle Nokias über Micro-USB nicht nur mit Daten, sondern auch mit Energie versorgt!!!

Langzeit-Tests konnte ich natürlich keine machen, doch könnte der Akku langlebiger sein, als der des iPhone. Dessen Kapazität soll laut Nokia-Specs 1320 MAh betragen, während Apples Smartphone lediglich 1150 MAh Energie in sich trägt.

Handycam:
Die Kamera bietet eine Auflösung von 3,2 Megapixeln. Nokia-typisch wird sie vermutlich relativ gut sein, Fotos im Freien bei Tageslicht konnte ich noch keine machen. Der Xenon-Blitz ist mir – wie bei allen Handys – etwas zu grell. Videos dreht die Cam auch – standardmäßig in MPEG4.

Die Software:

Seit meinem letzten privaten Nokia-Telefon vergingen schon einige Jahre. Erst nutzte ich Windows Mobile, jetzt bin ich am iPhone. Mit S60 habe ich so meine Probleme. Wer Nokia-Smartphones aber gewohnt ist, wird sich sofort zurecht finden.

Was oft vergessen wird: S60 (selbst OpenSource) ist nicht viel geschlossener als Googles Android. Man kann so gut wie alles an Anwendungen dafür entwickeln und es wird von den Mobilfunkbetreibern auch nicht „kastriert“. Der Nutzung als HSDPA-Modem via Bluetooth sollte nichts im Wege stehen. Nur leider ist Nokia sehr erfolgreich, all diese Anwendungen gut zu verstecken.

QIK wird als Download-Option ebenso schnell installiert werden können wie eine Twitter-App (welche ist noch unsicher). Fotos und Videos lassen sich per Knopfdruck im Web (Share on OVI oder Flickr) veröffentlichen.

Es kommt mit Musik:
334 Euro (again: ohne Vertrag) mag für ein Handy schon ein guter Preis sein. Er wird aber noch besser, weil man unbeschränkt viel Musik dazu geschenkt bekommt! Comes with Music ist nämlich mit dabei.

Wer diese oder andere Nokia-Handies ab 2009 kauft, darf sich nämlich ein Jahr lang so viele Tracks herunter laden, wie er will. Zur Auswahl stehen mehr als fünf Millionen Songs aller Major- (EMI, Warner, Sony BMG und Universal) sowie einiger Indie-Labels.

Das Beste: Man kann nach Ablauf eines Jahres zwar keine neuen Songs mehr herunter laden, aber alle bisher gedownloadeten (welch schönes Wort) bleiben am Handy und am PC weiter abspielbar. Der Nachteil: Das DRM funktioniert nur auf Windows Mobile-Geräten (ein Showstopper für Mac-User) und man kann die Songs nicht brennen.

Fazit:
Wer Nokia-Handies mag erhält enorm viel für wenig Geld. Es definiert die Mittelklasse nicht nur preislich neu. Das 5800 XpressMusic ist (für mich) zwar kein iPhone, hat aber das Zeug zum Topseller.

Was kostet GPS? 1,20 Dollar!

Infineon hat gestern einen Chip vorgestellt. Das alleine wäre keine Sensation und schon lange keinen Beitrag in diesem Blog wert. Das Besondere am BGM681L11? Es ist das kleinste voll integrierte GPS-Empfangsmodul der Welt. Seine Abmessungen von 2,5 x 2,5 x 0,6 mm ergeben ein Gesamtvolumen von nur 3,75 mm3.

Dabei gäbe es laut Infineon nicht nur eine höhere Empfindlichkeit für GPS-Signale, sondern auch höhere Immunität gegenüber Interferenzen — etwa durch Mobilfunksignale.

Infineon schätzt in der Aussendung, dass im Jahr 2011 jedes dritte Mobiltelefon GPS unterstützen wird. Zu tief gegriffen! Ich schätze, dass bald kaum ein Gerät ohne auskommen wird. Warum? Weil Moore’s Law Chips nicht nur leistungsfähiger, sondern auch immer günstiger macht. Zitat aus der Aussendung:

Verfügbarkeit und Preise
Die Fertigung des GPS-Empfangs-Frontend-Moduls BGM681L11 ist angelaufen. Evaluierungskits sind verfügbar. Bei Abnahmemengen ab 10.000 Stück liegt der Einzelpreis für den BGM681L11 bei etwa 1,20 US-Dollar.

Freilich, mit den 1,20 Dollar ist es nicht getan. Neben der Antenne (wenige Cents) fehlt beispielsweise noch die Integration ins Endgerät und natürlich teure Software. Aber für 1,20 Dollar pro GPS-Chip kann man erwarten, dass schon sehr bald JEDES mobile Device (vom MP3-Player oder Notebook über Handys und Schlüsselanhänger bis hin zu jedem Fahrrad) über GPS-Fähigkeiten verfügen wird.

Und auch bei der Software wird sich einiges tun — man braucht nur auf die Fortschritte bei OpenStreetmap schauen und schon wird offensichtlich, dass die Verfügbarkeit von gutem und kostenlosem Kartenmaterial nur mehr eine Frage der Zeit ist.

Mit supergünstigen GPS-Empfängern werden auch ganz neue Geschäftsmodelle möglich. Wie wäre es etwa mit Reiseführern auf MP3-Playern, die auf die Position des Zuhörers eingehen? Billige Player aus China mit 1 GB Speicher sind bereits ab vier Dollar das Stück zu bekommen. Zu solchen Preisen könnten Tourismuswerber so etwas gar verschenken! Auch eine Werbefinanzierung ist somit in greifbare Nähe gerückt.

Danke Gordon Moore!

Für die Katz

Galileo Satellit, (c) ESAMit Milliarden von Steuermitteln will die EU-Kommission 30 Galileo-Satelliten ins All schießen. Weil es andererseits das völlig kostenlose Navigationssystem GPS der Amerikaner gibt, lassen sich kaum Umsätze generieren. Wer bezahlt schon für etwas, das es anderswo gratis gibt. Daher scheint das private Trägerkonsortium zu zerbröseln. Die Frist zur Bildung einer Firma ließen die beteiligten Firmen mehrmals verstreichen. Daher will nun die EU das in einem Kraftakt selbst durchziehen.

Man möge mir aber erklären, warum wir das brauchen und wozu der Steuerzahler 2,4 Milliarden Euro tief in die Tasche greifen muss. Hier meine zwei Argumente zu den am meistgenannten Gründen der Befürworter.

Höhere Genauigkeit
Das stimmt: Galileo ist dank neuerer Technik weit präziser als GPS. Während die Amerikaner im allerschlechtesten Falle 15 Meter daneben liegen, soll Galileo lediglich eine Ungenauigkeit von einem Meter aufweisen.

Aber: Wer von seinem Navi 15 Meter vor eine Pizzeria geleitet wird, kann – so er halbwegs intelligent ist – den Eingang nicht mehr übersehen.

Unabhängigkeit von den USA
Hier ist das Thema schon ein wenig komplexer. Wann immer die USA im Krieg sind, behalten sie sich das Recht vor, Teile des Systems oder alle Satelliten ohne Vorwarnung abzuschalten. Nur die eigenen Streitkräfte könnten dann noch mit Hilfe spezieller Codes navigieren.
Das ist vor allem dann kritisch, wenn nicht gerade befreundete Verbände (Terroristen und andere Bösewichte) in den Besitz von GPS-gesteuerten Lenkwaffen kämen. So könnten diese mit amerikanischer Hilfe Amerikaner treffen.

Aber: Kein Mensch wird mir einreden können, dass die Europäer ihr System nicht ebenfalls zeitweise abschalten, wenn so ein Fall eintritt. Welcher europäische Politiker wird sich noch nach Washington trauen, wenn unsere Satelliten Waffen von Terroristen steuern?

Und außerdem: Die letzte regionale Abschaltung von GPS datiert ins Jahr 1991 zurück, als amerikanisch Streitkräfte in Bosnien und Serbien eingriffen. Fußnote: Die Europäer haben es jahrelang nicht geschafft, Frieden in den Balkan zu bringen.

Und noch etwas: Am Markt sind hunderte Millionen GPS-Empfänger. Wenn Galileo 2013 im Volleinsatz ist, werden womöglich schon Milliarden von noch ausgereifteren GPS-Chips im Umlauf sein. Vielleicht wird jedes Handy bis dahin seine Positionsdaten von US-Satelliten bekommen.

Also, liebe EU: Geld sparen und etwas Eigenes, etwas Neues damit machen!

Fotos mit Geodaten

Schon lange habe ich mir so etwas gewünscht: Ein GPS-Extra für Digitalkameras. Nun kommt es endlich auf den Markt – leider gibt es das Sony GPS-CS1 vorerst nur in den USA für 150 Dollar zu kaufen.

 Sony GPS-CS1 

Aber warum braucht man so was überhaupt?
Wäre es nicht toll, wenn man stets wüsste, wo die Urlaubsfotos aufgenommen wurden? An welchem Strand war doch noch die tolle Strandbar? Wie finde ich jemals wieder den Weg zur Almhütte eines Freundes, wo wir letztes Jahr Silvester gefeiert haben? Es gibt viele Anwendungen dafür. Eine weitere könnte auch das gestern beschriebene Photosynth oder ein geografisch zugeordnetes Fotoalbum sein.

Sony GPS-CS1 Software

Wie funktioniert’s?
Leider haben Digitalkameras noch keinen eingebauten GPS-Empfänger, so wäre dieses Sony Zubehör obsolet. Es gibt zwar einen Aufsatz für die Nikon D2x, doch die dürfte außerhalb jeden Budgets liegen.

Den GPS-Empfänger führt man ständig mit sich herum. Das 9 cm große Ding hängt man am Besten am Karabiner auf die Badetasche, den Rucksack oder einen Schlüsselanhänger. Alle 15 Sekunden speichert er die aktuellen Positionsdaten. Weil die Uhrzeit mit den Satelliten-Signalen kommt, ist immer die exakt richtige Zeit eingestellt. Das Ganze funktioniert nur, wenn auch auf der Kamera eine möglichst exakte Zeit eingetragen wird.

So weiß der GPS-CS1 jederzeit, wo er zu welcher Zeit war. Digitalkameras speichern neben den Pixeln auch andere, sogenannte Exif-Daten – etwa Belichtungsdauer, Blende, Zoom und die Aufnahmezeit.

Im PC werden nun die Daten aus dem GPS-Teil mit einer speziellen Software auf die Bilder übertragen. Fertig. Auch wenn Sony sagt, dass das eigentlich nur mit deren eigenen Kameras funktioniert, sollte es mit jeder halbwegs neuen Digicam funktionieren. Einzige Voraussetzung, sie muss Exif nach dem Standard 2.1 beherrschen.

Bin schon gespannt, wann Canon, Nikon & Co. kontern und das Teil gleich fix in die Cams einbauen. Zeit wird’s!

Update: Bin drauf gekommen, dass es sowas schon von Ricoh gibt.