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Make it free, earn money

Ich schau mir gerade eines der wohl größten Internet-Ereignisse an: Das Konzert von U2 in der Rose Bowl in Los Angeles. Die Qualität des 1 Megabit-Streams ist großartig.

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Ich bin schon gespannt auf die Statistiken danach. Ich schätze Mal, dass hier Millionen zugeschaut haben. 1 Million x 1 Megabit/s = ein bissi viel Bandbreite. Die Kosten der Übertragung für YouTube müssen enorm gewesen sein.

Doch Events wie diese sind nicht nur für wahre Fans großartig. Sie verändern auch Geschäftsmodelle und ganze Branchen nachhaltig. Warum? Weil damit der Beweis angetreten wird, dass GRATIS zum Geschäftsmodell wird.

Gib etwas umsonst her und mache damit Geschäft – nichts klingt absurder. Aber: Ich hab mir grad zwei Live-DVDs bestellt. Gut 50 Euro Umsatz, die sonst nicht passiert wären.

Geschäftsmodelle wandeln sich auch bei mir:

  • Auf diesem Blog schreibe ich kostenlos, bekomme aber auch viele Tipps für das, was ich in Print gegen Entgelt schreibe. Und nebenbei lerne ich hier viel über den Aufbau von Communities, für das andere viel Geld ausgeben müssen.
  • Auf diesem Blog gibt es allgemeine Tipps zu Technik, Web und Netzkultur. Spezifisches Consulting mache ich auch – allerdings nur gegen Bezahlung.
  • Ich organisiere Mini-Events for free und bekomme so hin und wieder Aufträge, um vor größeren Communities (das nächste Mal an den Cable Days in Salzburg) aufzutreten.
  • Ich gebe hin und wieder gerne Radiointerviews, was sich auf Messen getan hat. Das mache ich ohne Entgelt, erhöht jedoch meine Bekanntheit, was wiederum zu anderen Geschäften führt.

Kostenloses Audiobook als Tipp

Alles ist im Wandel. Wie lange gibt es das Web? 20 Jahre? Was hat sich nicht alles in dieser relativ kurzen Zeitspanne verändert? Welche Geschäftsmodelle sind schon auf den Kopf gestellt worden? Das U2-Konzert ist nur eines von vielen Beispielen, wie aus Geschenken gute Geschäfte werden.

Viele weitere Beispiele gibt es im Buch von Chris Anderson „Free Kostenlos – Geschäftsmodelle für die Herausforderungen des Internets“ (Amazon-Link).

Noch mal ausgeschrieben: Jedes digitale Geschäft wird irgendwann einmal Gratis werden? Dazu müssen sich allerdings die Geschäftsmodelle ändern.

Und wie es sich für die Internet-Gesellschaft gehört, gibt es auch ein Hörbuch dazu. Konsequenterweise bietet Anderson die volle Länge des Audiobuchs kostenlos an.

Die Zeit ist auf unserer Seite …

… des Atlantiks.

Seattler Post Intelligencer und Rocky Mountain News waren erst der Anfang. Das Time Magazin berichtet von zehn weiteren überregionalen US-Zeitungen, die heuer entweder aufhören zu existieren oder komplett online gehen. Selbst die große und ehrwürdige New York Times hat ernste finanzielle Probleme. Und zuvor (im Dezember) meldete die Tribune Company (Chicago Tribune, Los Angeles Times und andere) Konkurs an. Die Leserschwund- und Anzeigenkrise trifft alle Medien in den USA. Auch die ganz Großen und Print, wie es scheint, am stärksten.

Wer sich die Meldungen über das Zeitungssterben in den USA ansieht, dem mag das Grauen kommen. Auch wenn sich Verleger und Journalistenverbände redlich bemühen, das Ganze als US-Phänomen herunter zu spielen, kann man ihnen eines versichern: Das Web hat noch alles verändert und macht auch nicht vor Zeitungen halt.

Ich habe unlängst gleich zweimal (einmal mit einem Kollegen in der Firma und bei einem Vortrag im Presseclub) gewettet, dass es in fünf Jahren keine gedruckten Zeitungen mehr gibt. Und wenn, werden diese unerschwinglich sein.

Warum? Dieses dreiminütige Video sollte alles klar machen. Die Tatsachen sind dies- wie jenseits des Atlantiks die gleichen, das Tempo der Umwälzungen allerdings nicht.

Was bedeutet das für Medienhäuser?

Die Zeit ist eben auf unserer Seite des Atlantiks. Noch gibt es Zeit, das Ruder herum zu reißen. Noch ist das Zeitfenster offen, sich um digitale Distribution auf E-Readern zu kümmern und Web-Auftritte zeitgemäßer als bisher zu gestalten. Auch wenn sich die Medienmacher des Landes des Problems bewusst sind, frage ich mich, wo die Investitionen bleiben. Bei keiner großen österreichischen Tageszeitung sehe ich echte Neuerungen bei deren Online-Auftritten.

  • Wo bleiben APIs, wie sie der Guardian oder die New York Times hat?
  • Warum versteht in Österreich scheinbar niemand RSS? Würde es sonst nicht schon längst (werbefinanzierte) Fulltext-Feeds geben?
  • Warum hat keine Nachrichten-Website in Österreich (ATV ausgenommen) social-networking-ähnliche Features?
  • Wo bleiben mehr interaktive Flash-Grafiken? Warum nützt niemand das volle Potenzial des Webs?
  • Warum findet bei keinem großen Medienhaus des Landes eigene Webentwicklung statt? Warum wird alles ausgelagert? Sind nicht Software-Entwickler die Drucktürme der digitalen Zeit und werden immer mehr zum Kernkapital einer Content-Company? Ist die Online-Verbreitung von Inhalten nicht Kernkompetenz eines jeden Medienhauses? Wenn die Großen ihre Druckereien nicht auslagern, warum tun sie es bei den Entwicklern?
  • Es bedarf auch einer Auseinandersetzung mit neuen Quellen und alternativem Urheberschutz. Gerade die Tageszeitung von heute ist morgen schon alt und könnte ohne Probleme fürs Geschäftsmodell (mit Ausnahme der Fremdinhalte von Fotografen und Agenturen) unter Creative Commons (CC) veröffentlicht werden. Mehr Interesse für CC würde auch neue andere Möglichkeiten fürs Marketing bedeuten.
  • Die Mentalität des Wegsperrens von Inhalten muss gebrochen werden: Wer seine Videos nur auf der eigenen Seite veröffentlicht, darf nicht erwarten, dass diese dort gefunden werden, wo sich echte Nutzer aufhalten – in diesem Falle auf YouTube.

Gibt es einen Grund, dass es das alles nicht gibt? Ja. Geld.
Weil Verlage nicht adäquat in Relaunches investieren, liegen Potenziale brach. Und alte Geschäftsmodelle (Zeitungsinserate sind immer noch um Welten mehr Wert als Online-Werbung) werden so lange wie möglich am Leben erhalten. Man darf hoffen, dass es irgendwann nicht zu spät ist.

Was bedeutet das für Journalisten?

Newsroom der Washington Post, (cc) Burnt Pixel

Die Krise sollten viele zum Anlass nehmen, sich mit den neuen Medienrealitäten auseinander zu setzen. Wer stehen bleibt und jetzt nicht erste Gehversuche im Web 2.0 unternimmt, hat eine Garantie: die, dass man unsicheren Zeiten entgegen steuert.

  • Es brauch neuer Zugänge zu Geschichten. Wenn der Leser tags zuvor bereits die Nachrichten erfahren hat, braucht er keine Wiederkäuer am Morgen. Der Journalist von morgen heute muss vielmehr lernen, dem Leser die Welt besser zu erklären. Analytisches Denken und hintergründiges Wissen sind wichtiger denn je.
  • Neue Recherche-Techniken: Die Gefahr des Medien-Einheitsbreis wird mit jedem gekürzten Arbeitsplatz größer. Verleger sind aus Kostengründen bestrebt, Agentur-Inhalte zu bevorzugen. Ergebnis: Zeitungen werden einander immer ähnlicher, sie werden austauschbarer.
    Wer jedoch in der Lage ist, besser die immer größere Informationsflut zu filtern, hat gewonnen. Ebenfalls vorne ist derjenige, der abseits von APA & Co. recherchiert und sich Social Media zu eigen macht. Welcher Journalist ist schon gewohnt, Blogs als Ausgangsmaterial herzunehmen? Welcher heimische Journalist sucht Fotos auf Flickr oder bedient die Online-Redation mit Videos von YouTube? Wer stellt schon Fragen an seine Leser via Twitter? Wenige. Sehr wenige!
    Daten stehen zu fast jedem Gebiet zuhauf per Mausklick zur Verfügung. Statistik-Kenntnisse und das Wissen um Visualisierung wird immer wichtiger. Auch das sind Fähigkeiten, die sich viele der schreibenden Zunft erst aneignen müssen. Viele scheitern sogar an einer nur leicht komplexeren Google-Suche.
  • Erste Gehversuche im Web 2.0 sind dringend geboten!
    Es ist einfach, sich zurück zu lehnen, seine Geschichten wie bisher zu machen und sich auf den „automatischen“ Vertrieb zu verlassen. Kaum ein Journalist hat Ahnung davon, wie man selbst Reichweite gewinnt. Sich ins gemachte Nest zu setzen, wird nicht mehr reichen. Auch die Frage wie man mit Hilfe von Social Networks oder Microblogging einen „Hebel“ für seine Inhalte generieren kann, sollte interessieren.
  • Umgang mit Feedback lernen: Wer heute in einer Redaktion schreibt, bekommt kaum Feedback. Im Web ist das anders – der Umgang mit „digtalen Leserbriefen“ in Form von Kommentaren will jedoch gelernt sein.
    Journalismus wird es immer geben – auch im Web. Aber schlechter Journalismus wird gerade durch das Web viel schneller offen gelegt.

Da draußen gibt es neue Medienrealitäten. Bis dato wurden alleine in den USA heuer 6237 Journalisten gekündigt. Wer das nicht macht, endet vielleicht in auf einer Karte wie dieser, nur dass die dann europäische Kündigungen enthält.

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Was bedeutet das für den Leser?

Der Medienkonsument ist Hauptprofiteur, weil ihm mehr Information und Unterhaltung geboten wird denn je. Durch Social Media erhält er zudem auch ein weit größeres Meinungsspektrum … auch wenn es immer weniger Zeitungen gibt.

Allerdings muss er auch kritischer werden und häufiger hinterfragen. Je prekärer die Lage des einen oder anderen Medienhauses ist, umso eher die Wahrscheinlichkeit, dass die eine oder andere Information keine Information ist. Die Vermischung von bezahlten und redaktionellen Inhalten wird zunehmend schlimmer. Auch bei Qualitätsmedien. Die Krise verschlimmert das noch.

Und für werbetreibende Unternehmen?

Zunehmend wird es für sie schwieriger, zu ihren Zielgruppen durchzukommen. Die ganz Jungen lassen sich über Tageszeitungen sowieso nicht mehr und zunehmend schwieriger auch durch TV und Radio erreichen. Das Problem dabei: Selbst Werbeagenturen sind ihrer Zeit hinterher und wissen oft nicht, mit neuen Gegebenheiten umzugehen.

Die Hilflosigkeit macht nicht vor „Brouhahas“ in Social Networks oder mit Medien wie Blogs oder Podcasts halt. Da hilft auch nur eines: dazu lernen. Die Krise nutzen, um Qualifikationen aufzubauen.

Vor diesem Hintergrund profitiert auch Social Media, wie eMarketer unlängst erhob. Vielleicht gibt es ja einmal ein echtes Geschäftsmodell für Blogs & Co. Das würde den Wandel in der Medienbranche allerdings nur noch weiter beschleunigen …

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“This is your recession, we are just blogging it”

Dieses Zitat stammt aus der aktuellen Folge des Planet Money Podcasts von NPR (US National Public Radio). Es ist dies ein Podcast, der jedem ans Herz zu legen ist, der sich für Wirtschaft und die momentane konjunkturelle Schieflage interessiert.

Warum? Weil er die Lage so zeigt, wie sie ist. Ein Beispiel aus eben dieser Folge vom 9. Dezember 2008 ist die Zahl Null. Die Nachrichtenagentur Associated Press berichtete gestern:

The Treasury Department said it sold $30 billion in four-week bills at an interest rate of zero percent. That meant investors were willing to earn no return at all on their money as long as they could park it in the safety of Treasury securities.

Auf gut Deutsch: Wer in den USA Geld hat, gibt es lieber umsonst an den Staat als es irgendwo anders anzulegen. Nicht einmal ein Sparbuch ist im Moment bei den Anlegern eine Alternative.

Trotz der kostenlosen Geldleihe ist das attraktiv – die Auktion hätte viermal so viel – also 120 Milliarden Dollar – zu 0% Zinsen einbringen können. Verzweiflung und Misstrauen sind so gewaltig, dass sogar negative Zinsen in Kauf genommen werden. Das Wallstreet Journal berichtete ebenfalls gestern über dreimonatige US-Staatsanleihen, dass Finanzanleger in den USA sogar dafür bezahlen würden, nur um ihr Geld in einen sicheren Hafen zu wissen:

At some point during the afternoon, the yield on the three-month Treasury bill dipped below 0%.

Was sagt uns das?
Trotz Bankenrettungs-Paketen auch in den USA ist das Misstrauen der Institutionen untereinander noch immer da. Auch in Europa ist noch längst das Ärgste nicht überstanden. Im Gegenteil: Es steht uns erst bevor. Man muss kein Kristallkugel-Schauer sein, um zu erahnen: Die zuletzt immer wieder und immer weiter nach unten revidierten Aussichten werden weiter nach unten gehen.

Was etwa wenn osteuropäische Währungen en gros abgewertet werden? Kommen dann noch alle in Rubel oder Kuna vergebenen Kredite zurück?

Medienkritik:
Wir stecken noch nicht einmal drei Monate lang in einer Krise und schon schreiben Medien Erfolgsgeschichten von Firmen, die der Krise trotzen (tut das überhaupt wer?) oder von Krisengewinnlern.

Warum tun die das? Auch um Vertrauen zu wecken: Es werde schon nicht so schlimm und wir wären da ebenso schnell durch, wie wir reingekommen sind. Schließlich lebt jedes Medienhaus (auch der kleine Blogger muss irgendwo Geld verdienen) von der restlichen Wirtschaft. Die Zeitungen leben von Anzeigen, das Fernsehen von Spots und der kleine Blogger von Aufträgen aus der Wirtschaft (Selbständige) oder von der Zuversicht seines Arbeitgebers in die Lage.

Krisenhygiene:
Was nötig ist, wäre ordentliche Krisenhygiene. Anstatt krampfhaft Erfolgsgeschichten zu suchen, will ich in Presse, Standard, Spiegel, Krone, Kleine Zeitung und ähnlichen einmal lesen, wie schlimm und dramatisch die Lage hierzulande wirklich ist.

Das soll muss allen Angst machen. Eine Krise, die weggeschrieben wird, existiert dennoch. Eine Krise, die aus den Köpfen der Leute verbannt wird, wird nie dafür sorgen, dass Lehren daraus gezogen werden.

Erst wenn wir voll verstanden haben, was hier abgeht, können solche Bankenkrisen (auch wenn Bankiers das als schlechte PR sehen: Die Krise ist eine Bankenkrise – sie wurde von ihnen verursacht und verstärkt) in Zukunft vermieden werden.

Großartige Zeiten für Unternehmer

Dass wir (Danke USA!) vor einer globalen Rezession stehen, ist spätestens dann offenkundig, wenn ganze Länder wie Island vor dem Staatsbankrott stehen.

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Aber was bedeutet das für Blogger oder Podcaster? Die nächsten ein, zwei Jahre werden großartig! Krisenzeiten sind immer gute Zeiten für flexible Unternehmertypen. Warum? Weil es in manchen Bereichen weniger Wettbewerb geben wird.

Beispiel Technikpodcast: Wenn es — was abzusehen ist – weniger Werbegeld gibt, wird eine Futurezone, ein Heise-Verlag oder andere IT-Medien wohl kaum expandieren und neue Angebote machen.

Was ist zu tun?
Mit etwas beginnen, üben, professionell werden, Werte in Form eines Publikums aufbauen und möglichst viel persönliche Arbeitsleistung da hinein investieren. Ist die Krise ausgestanden, werden große Medienhäuser teuer zuschlagen. Das war auch schon bei Engadget und anderen großen US-Blogs der Fall, die ebenfalls in der Krise entstanden sind.

Das gilt übrigens nicht nur für Social Media, sondern für alle Arten von Web-Unternehmen, die mit relativ wenig Geld auskommen. Teure Investitionen werden die nächsten Jahre kaum drinnen sein, da es wohl weniger Finanzierungsmöglichkeiten geben wird.