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CERN-Ausstieg: Was jeder tun kann

Am Donnerstag letzter Woche wurde bekannt, was der größte Kaputt-Sparwahn Österreichs ist: Der Ausstieg der Alpenrepublik aus dem CERN. Was kann man dagegen tun?

Es geht um 15 bis 16 Millionen Euro, eine lächerliche Summe für eines der reichsten Länder der Welt. Es geht aber auch um die Teilnahme am wohl spannendsten Wissenschaftsprojekt der Menschheitsgeschichte – und das kurz bevor es fertig gestellt ist. Das gesparte Geld soll in andere Forschungskooperationen (die teilweise noch gar nicht bestehen) gesteckt werden. Alles gut und schön und ich bin der leztte, der eine Schwerpunktsetzung nicht unterstützt. Und ich bin jenen Wissenschaftlern nicht neidig, die nun davon profitieren könnten. Aber wenn wir dieses Geld nicht (zusätzlich) für spannende Projekte der Grundlagenforschung aufstellen können, kann die Wissenschaftspolitik in Österreich gleich ihren Bankrott erklären. Tu was!

Update: Mittlerweile ist der Ausstieg Österreichs aus dem CERN vom Tisch.

Österreich verlässt das CERN [Updated]

Gestern abend soll eine Gruppe von Physikern noch ein letztes Mal versucht haben, Österreichs Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) umzustimmen. Die Bundesregierung plant, die Mitgliedschaft beim Europäischen Kernforschungszentrum CERN per Ende 2010 zurück zu legen.

Noch ist es nicht öffentlich, aber aus guter Quelle vor Ort. Heute Abend oder morgen soll es bekannt gegeben werden.

[Update: Habe als kleiner Blogger um eine Stellungnahme beim BMWF angefragt, warte noch auf deren Antwort.]

Mittlerweile habe ich eine Stellungnahme vom BMWF erhalten, die allerdings lediglich auf eine Presseaussendung mit Sperrfrist um 18 Uhr verwies. Einzelne Online-Ausgaben heimischer Zeitungen hatten die Meldung schon kurz drauf: siehe Google News. Mittlerweile gibt es auch schon die erste politische Stellungnahme – vom grünen Wissenschaftssprecher Kurt Grünewald.

[Update 16:03 Uhr:] Und das Ganze könnte auch noch zum Koalitionsstreit werden. Wie man aus Wien hört, soll der VP-Wissenschaftsminister den Cern-Ausstieg nicht mit der SPÖ akkordiert haben. In diesen Minuten startet der Wissenschaftsausschuss. Da wäre ich jetzt gerne dabei …

Johannes Hahn auf Besuch im CERN (c) Cern

Erst am 11. September 2008 gratulierte Hahns dem CERN zum Start des Large Hadron Collider (LHC):

[…] „Ganz besonders freue ich mich über die starke österreichische Beteiligung an den verschiedenen Teilprojekten dieses größten Experiments der Wissenschaftsgeschichte!“

Dieser „historische Moment“, so Forschungsminister Hahn weiter, „ist ein eindrucksvoller Beweis für die Schlagkraft der Grundlagenforschung und der darin innewohnenden Bedeutung für die technologische Weiterentwicklung“. Hahn sieht sich daher in seiner Forderung nach einer stärkeren Dotierung der Grundlagenforschung bestärkt und verweist in diesem Zusammenhang nochmals auf die im Frühjahr 2008 erfolgte Mitgliedschaft bei der ESO (European Southern Observatory). „Österreich“, so Forschungsminister Hahn resümierend, „hat schon früh die Bedeutung des CERN erkannt und mittels eines gut dotierten Stipendienprogramms für ausreichenden österreichischen Nachwuchs in diesem Tempel der Physik gesorgt.“

Eine populistische Maßnahme in Zeiten von Budgetnöten und EU-Wahlkampf. Mit dem Ausstieg spart man sich den jährlichen Mitgliedsbeitrag von gerade einmal 23 Millionen Schweizer Franken (15,2 Millionen Euro). Andererseits nehmen die Regierungsparteien damit den Freiheitlichen die Wahlkampfmunition, die einem glauben lassen, in Genf würde am nächsten Tschernobyl gearbeitet oder gar an Kernwaffen geforscht.

Die Folgen für die heimische Wissenschaftsszene sind nicht absehbar, ist doch das CERN nicht die Brutstätte des Bösen, sondern das größte Physiklabor, das der Mensch je geschaffen hat.

Ein paar direkte Entwicklungen vom CERN, die mir aus dem Kopf einfallen (mehr hier):

  • Das WorldWideWeb
  • Der Kernspin-Tomograf
  • Grid Computing
  • Radiotherapie bei Krebserkrankungen

Natürlich kommen nicht immer direkte Spin-offs heraus. Grundlagenforschung ist leider allzu oft unsichtbar. Im Juni laufen die Experimente am LHC an. Hier soll nicht mehr oder weniger erforscht werden als die Frage, was Materie beim Urknall überhaupt entstanden lies. Ironie der Stunde: Wir waren zwar am Aufbau beteiligt,  von diesen Ergebnissen wird Österreich wohl nicht mehr direkt profitieren.

atlas

Meine Begeisterung über die „Urknall-Maschine“ kann man hier nachlesen. Ach ja: Bis vor kurzem hatte fast jeder einen Teilchenbeschleuniger zu Hause – in Form eines Röhrenmonitors oder -Fernsehers.

Von der Maßnahme wären übrigens auch einige heimische Forschungsprojekte wie MedAUSTRON betroffen, die eng mit dem CERN kooperieren. Nicht absehbar wären auch die Folgen für das Austrian Research Center Seibersdorf oder viele hochbegabte Studenten, die sich jedes Jahr beim CERN um Forschungsstipendien und -plätze bemühen. Hauptbetroffen von der Entscheidung der Politik wären übrigens das Institut für Hochenergiephysik der östereichischen Akademie der Wissenschaften oder das Atominstitut der Universität Wien.

Immerhin: 80 Prozent des einbezahlten Betrages gehen indirekt oder direkt wieder nach Österreich zurück – sei es in Form von Löhnen an österreichische Wissenschaftler am CERN oder in Form von Aufträgen an heimische Firmen und Institutionen.

[Update 16:40 Uhr:] Mittlerweile habe ich gehört, wie viele Personen das betreffen würde. 50 Österreicher arbeiten fix am Cern, 120 verdienen dort ebenfalls ihre Brötchen: Studenten oder Doktoranden. Macht in Summe 170 Personen. Und 50 Prozent des österreichischen Budgets geht in genau diese Personalausgaben.

Anstatt Wissenschaft zu fördern, wird ihr aus populistischen Gründen Geld genommen. Tu Felix Austria! Ein schwarzer Tag für Österreichs Wissenschaft.

Wie Bakterien kommunizieren

Am Flug in den Urlaub hab ich mir eine ganze Reihe von TED-Videos angeschaut. Das war noch vor der Schweine/Mexiko/Neuen Grippe. Im Nachhinein betrachtet, könnte das Thema von Bonnie Basler gar nicht mehr Aktualität haben.

Es wäre eine kleine Revolution, würden ihre Forschungsergebnisse wirklich zu dem führen, worüber sie berichtet: Nicht mehr und nicht weniger als einen Ersatz für Antibiotika. Resistenzen wären kein Thema mehr.

Ich liebe die Wissenschaft! Genau deshalb

TED geht um die Welt

TED ist eine ganz besondere Konferenz. Die cleversten Wissenschaftler, Entwickler oder auch Politiker werden einmal im Jahr nach Monterey in Kalifornien eingeladen, um Ideen zu verbreiten. Das Motto lautet denn auch Ideas worth spreading“. Die Qualität der Vorträge ist unglaublich, die angeschnittenen Themen immer neu und die Art der Präsentation angenehm.

Vor zwei Jahren bin ich eher durch Zufall darauf gestoßen, seither habe ich so gut wie jedes der über 300 online gestellten Video gesehen. Ich hab’s als Podcast abonniert (Feeds für Web-Video | HD-Video | Audio) und bin immer wieder begeistert, welche Videos der Sessions seit 2002 daher kommen.

Seit einiger Zeit mache ich mir Gedanken darüber, wie man die TED-Ideen hierher bringen kann, ohne dass jeder Teilnehmer über 4000 Dollar dafür bezahlen muss. Vorgestern bin ich auf TEDx gestoßen. Das erste Event dieser Art findet am 17. Jänner in Melbourne (Facebook Group|Facebook App|Twitter) statt.

Logo TED Klagenfurt

We invite you to join TED on our next grand experiment. In the spirit of ‚ideas worth sharing‘, TED is launching a program that will enable individuals and organizations to create and host their own local TED-like events – and in doing so, releasing TED free to the world. These self organized events will fall under the TEDx brand, the x standing for Independently Organized TED Events, and will enable anyone, anywhere in the world to host an event with TED content and/or a combination of TED content and invited speakers.

Das x steht also für „unabhängig organisiertes TED Event“. Konkreten Guidelines werden erst entwickelt, das Logo hab ich mir selbst nachgebastelt. Jeder Veranstalter braucht eine eigene, kostenlose,  Lizenz, die aber ebenfalls noch nicht fertig ist. Hier der Inhalt im Groben:

  • Zumindest 50% des Programms müssen Videos von TED-Talks (HD-Feed saugen) seien.
  • In allen Werbematerialien muss stehen:
    „This is not an official TED event. TEDx is an independently organized TED event“
  • Ein spezielles – noch nicht fertiges – Launchvideo muss zum Auftakt gezeigt werden.
  • Der Besuch der Veranstaltung muss kostenlos sein, Sponsoring ist aber möglich. Die Sponsoring-Guidelines sind aber ebenfalls noch nicht verfügbar.
  • Feedbackformulare sind Pflicht.
  • Fotos mit dem Tag „TEDx“ auf Flickr posten
  • Wenn eigene Speaker eingeladen werden, müssen deren Vorträge aufgezeichnet und auf YouTube gepostet werden. TED darf diese dann auch verwenden.
  • Wenn mehr als 100 Personen erwartet werden, muss der Veranstalter zuvor bei einem offiziellen TED-Event dabei gewesen sein.

Auflagen, die erfüllbar sind. Weitere Informationen gibt’s hier: www.meetupalliance.com/tedx

Sowas müsste man doch auch in Klagenfurt machen, oder? Wer wäre dabei? Eure Ideen?

Update: Logische Location in Klagenfurt wäre die Universität. Mal sehen, wann es ginge und ob die auch inhaltlich etwas beizutragen haben.