“This is your recession, we are just blogging it”

Dieses Zitat stammt aus der aktuellen Folge des Planet Money Podcasts von NPR (US National Public Radio). Es ist dies ein Podcast, der jedem ans Herz zu legen ist, der sich für Wirtschaft und die momentane konjunkturelle Schieflage interessiert.

Warum? Weil er die Lage so zeigt, wie sie ist. Ein Beispiel aus eben dieser Folge vom 9. Dezember 2008 ist die Zahl Null. Die Nachrichtenagentur Associated Press berichtete gestern:

The Treasury Department said it sold $30 billion in four-week bills at an interest rate of zero percent. That meant investors were willing to earn no return at all on their money as long as they could park it in the safety of Treasury securities.

Auf gut Deutsch: Wer in den USA Geld hat, gibt es lieber umsonst an den Staat als es irgendwo anders anzulegen. Nicht einmal ein Sparbuch ist im Moment bei den Anlegern eine Alternative.

Trotz der kostenlosen Geldleihe ist das attraktiv – die Auktion hätte viermal so viel – also 120 Milliarden Dollar – zu 0% Zinsen einbringen können. Verzweiflung und Misstrauen sind so gewaltig, dass sogar negative Zinsen in Kauf genommen werden. Das Wallstreet Journal berichtete ebenfalls gestern über dreimonatige US-Staatsanleihen, dass Finanzanleger in den USA sogar dafür bezahlen würden, nur um ihr Geld in einen sicheren Hafen zu wissen:

At some point during the afternoon, the yield on the three-month Treasury bill dipped below 0%.

Was sagt uns das?
Trotz Bankenrettungs-Paketen auch in den USA ist das Misstrauen der Institutionen untereinander noch immer da. Auch in Europa ist noch längst das Ärgste nicht überstanden. Im Gegenteil: Es steht uns erst bevor. Man muss kein Kristallkugel-Schauer sein, um zu erahnen: Die zuletzt immer wieder und immer weiter nach unten revidierten Aussichten werden weiter nach unten gehen.

Was etwa wenn osteuropäische Währungen en gros abgewertet werden? Kommen dann noch alle in Rubel oder Kuna vergebenen Kredite zurück?

Medienkritik:
Wir stecken noch nicht einmal drei Monate lang in einer Krise und schon schreiben Medien Erfolgsgeschichten von Firmen, die der Krise trotzen (tut das überhaupt wer?) oder von Krisengewinnlern.

Warum tun die das? Auch um Vertrauen zu wecken: Es werde schon nicht so schlimm und wir wären da ebenso schnell durch, wie wir reingekommen sind. Schließlich lebt jedes Medienhaus (auch der kleine Blogger muss irgendwo Geld verdienen) von der restlichen Wirtschaft. Die Zeitungen leben von Anzeigen, das Fernsehen von Spots und der kleine Blogger von Aufträgen aus der Wirtschaft (Selbständige) oder von der Zuversicht seines Arbeitgebers in die Lage.

Krisenhygiene:
Was nötig ist, wäre ordentliche Krisenhygiene. Anstatt krampfhaft Erfolgsgeschichten zu suchen, will ich in Presse, Standard, Spiegel, Krone, Kleine Zeitung und ähnlichen einmal lesen, wie schlimm und dramatisch die Lage hierzulande wirklich ist.

Das soll muss allen Angst machen. Eine Krise, die weggeschrieben wird, existiert dennoch. Eine Krise, die aus den Köpfen der Leute verbannt wird, wird nie dafür sorgen, dass Lehren daraus gezogen werden.

Erst wenn wir voll verstanden haben, was hier abgeht, können solche Bankenkrisen (auch wenn Bankiers das als schlechte PR sehen: Die Krise ist eine Bankenkrise – sie wurde von ihnen verursacht und verstärkt) in Zukunft vermieden werden.

4 Kommentare
  1. AndreasR
    AndreasR sagte:

    Naja Georg, es gibt schon Graubereiche. Jeder darf sagen, wie weit er von einer Krise betroffen ist. Man darf auch sagen, dass Krisen herbeigeredet werden können, wirtschaftlich und auch privat. Jeder kann dann letztlich entscheiden, wie er sich verhält.

  2. Stefan
    Stefan sagte:

    Bei aller Liebe:

    Wir Österreicher sind krisengeil. Uns geht es oft nur gut, wenn es uns irgendwie schlecht geht. Du forderst Aufklärung? Ok – nur denk an die Menschen, die Arbeitsplätze und das Geld, dass durchaus auch davon abhängt, dass wir unsere Wirtschaftslager realistisch, aber nicht fatalistisch einschätzen.

    Just my 2 cents.

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