Wo bleibt die Fairness?

Ok, seit einiger Zeit bin ich der Meinung, dass in diesem – unseren – System etwas nicht ganz rund läuft. Heute hab ich in der aktuellen Folge von Twit ein sehr gutes Beispiel dafür gehört, was mir seit langem übel aufstößt.

Im Detail ist es auf orf.at nachzulesen.

  1. Google hat eine Tochterfirma in Irland. Größter Vorteil: Dort gibt es keine Unternehmenssteuern. Also transferierten die Amerikaner alles geistige Eigentum in die Tochter auf dem Inselstaat.
  2. Jahr für Jahr bezahlt die Zentrale in den USA Lizenzgebühren nach Irland für das eigene Knowhow. Alleine 2009 waren es 5,4 Milliarden Dollar.
  3. Eine weitere Konstruktion über die Niederlande und die Bermudas sorgt dafür, dass fast überhaupt keine Steuern mehr bezahlt werden müssen. Und das Geld kann dennoch fröhlich wieder zurück in die USA.

Der US-Steuerzahler fiel so in den letzten Jahren wohl um zig Milliarden Dollar um. Auch Microsoft und andere Firmen nutzen solche Steuerschlupflöcher, die im übrigen (von der Politik gewollt?) völlig legal sind.

Auch in Österreich dürfte die Praxis des Steueroptimierens weit verbreitet sein. Anfang September „schockte“ Buchautor Hans Weiss mit einer Aussage in seinem Buch „Schwarzbuch Landwirtschaft“. Demnach soll der Raiffeisen-Konzern mit einem Steuersatz von einem Prozent davon komme.

Disclaimer: Die im Standard-Bericht aufgelisteten Zahlen kann ich nicht verifizieren. Auch geht daraus nicht hervor, ob die Zahlen für den ganzen Sektor, einzelne Institute oder die RZB gelten. Das Buch ist aber bestellt.

Im Falle von Google oben wurde ein Steuersatz von 2,4 Prozent errechnet. Einzelfälle sind das alles nicht. Speziell Österreich mit seiner Gruppenbesteuerung dürfte ein wahres Paradies der Steuer-Optimierer sein. Solche Steuerschlupflöcher sind wohl auch gängige Praxis in der Klientelpolitik gegenüber Konzernen. Wenn nicht: Warum redet niemand drüber und wie argumentiert die Politik deren Fairness?

Ein Witz? Ein Witz!

Mich verwundert, dass niemand lauter gegen diese schiefe Ebene aufschreit. Ich bin kein Kommunist! Firmen und auch Kapital sollten möglichst viele Freiheiten haben – allerdings nicht auf Kosten anderer.

Kleine Steuerrechnung: 1 Prozent angeblich bei Raiffeisen. Mein Steuersatz liegt – auswendig weiß ich es nicht – irgendwo zwischen 35 und 45 Prozent.

Ist das eine Neid-Debatte?

Hell, Yeah! Warum darf man nicht neidisch auf solche Steuersätze schauen? Überhaupt sollte man diesem Wort den negativen Touch nehmen. Es wird allzu oft als Killer-Phrase der Ewig-Gestrigen-Lobbyisten missbraucht.

8 Kommentare
  1. Kofi
    Kofi sagte:

    Steuerlöcher vs Parteispenden – so funktionieren die USA. Und 90 Prozent der ungustln sind Republikaner …

  2. Frau Sokol
    Frau Sokol sagte:

    Neid und Fairness gleichzusetzen ist illegitim. Wie man dank der Verhaltensökonmie längst weiß, wohnt dem Menschen ein massive Ungerechtigkeitsaversion inne.

    Dass es sich dabei nicht um Neid handelt, zeigt sich in unzähligen Experimenten. Menschen sind sehr wohl auch zum Verzicht bereit, um Gerechtigkeit herzustellen – solange nicht Faktoren wie unfaire Mitbewerber oder Verlustaversion dazwischenfunken. Dann wird plötzlich Ungerechtigkeit zum neuen, als moralisch gerechtfertigt empfundenen Leitmaß.

  3. Phil Jordan
    Phil Jordan sagte:

    Eins vorweg: meine Finanzen stöhnen und ächzen unter ähnlicher Steuer- und Abgabenlast, ganz zu schweigen von der SVA-Verarsche und ähnlicher Selbständigenschikanierung in Österreich.

    Allerdings bezweifle ich, dass Versuche, multinationale Unternehmen stärker zu besteuern in der Praxis nicht funktionieren werden.

    1. Unternehmen sind grundsätzlich ihren Aktionären verpflichtet. Bei Börsenotierten Unternehmen heißt das in der Praxis: Wert- und Profitorientierung. D.h. wenn irgendwo netto Kosten zu sparen sind, ist das Unternehmen quasi verpflichtet, das zu tun.

    2. Derart große Unternehmen können sich im Prinzip beliebig aussuchen, wo sie sich niederlassen. Zu einem gewissen grad sind sie zwar dem Angebot am Arbeitsmarkt ausgeliefert, aber bei weitem nicht so sehr wie KMU. Google-Programmierer ziehen aus ganz Europa nach Zürich, so eine Anziehungskraft hat kaum ein 20-Personen-Unternehmen.

    3. Strengere Regeln sind eine Hürde, keine Blockade. Irgend ein Schlupfloch findet sich vermutlich immer, die Latte wird nur höher gesetzt. (mehr Personalaufwand, Kosten für Tochterfirmen, Bürokratie, etc.) Man trifft damit also zuallererst die kleineren Unternehmen. Ist es vertretbar, denen noch mehr zuzumuten? Wenn es den ganz großen zu viel wird: siehe Punkt 2.

    Drum bin ich mittlerweile zum Schluss gekommen, dass diese Negativanreize nichts bringen. Stattdessen sollte man positive Anreize schaffen. Bürokratie & Steuerlast für alle (das trifft vor allem kleinere) Unternehmen reduzieren, und dafür komplizierte staatliche Förderkonstrukte abschaffen, für die man eine Armee an Anwälten beschäftigen muss, um in ihren Genuss zu kommen. Vielleicht lockt man damit dann auch noch große Unternehmen an und die Allgemeinheit profitiert von Sekundäreffekten (Aufträge für lokale Dienstleister, Jobs, etc.).

  4. Phil Jordan
    Phil Jordan sagte:

    P.S. zum Thema Raiffeisen und Banken allgemein: bei denen habe ich weniger ein Problem damit, dass sie wenig Steuern zahlen (bzw. werden sie das eh nie, siehe oben), sondern dass sie auf allen Ebenen (Privatperson oder Unternehmen ohne Konto? Nicht mehr Vorstellbar.) so wichtig sind, dass sie tun können was sie wollen. Echte Konkurrenz scheint’s auf dem Sektor kaum mehr zu geben, drum können sie problemlos alles mittels Mehrkosten auf die Endkunden abwälzen, die eh keine Alternative haben.

  5. franz
    franz sagte:

    ach georg. nicht aufregen. dafür nehmen der faymann werner und der pröll peppi die sache doch in die hand und schröpfen den einfachen bürger ein bisschen mehr.
    familienbeihilfe einsparen, benzin teurer machen, usw. kein problem.

    und wie der pröll peppi schon sagt: es wird doch nicht zuviel verlangt sein, von jedem österreicher ab 24 einen beitrag zum vaterland zu fordern…

  6. franz
    franz sagte:

    ah ja, eines noch: die bankensteuer werden die banken natürlich an die kunden weitergeben. kann doch nicht sein dass die armen banken diese last auch noch tragen müssen!

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